Inhalt
Nach der gründlichen Recherche, der kritischen Auswertung der Quellen und dem intensiven Lesen, sollten ausreichend Informationen vorliegen, die nun verschriftlicht werden können.
Seminararbeiten, Bachelor-/Master- und Zulassungsarbeiten erfordern bestimmte wissenschaftliche Schreibkonventionen, die sich auf folgende drei Aspekte direkt auswirken:
- Inhalt
- Form
- Stil
Beim Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit ist es das Ziel, eine bestimmte Forschungsfrage im Rahmen der zeitlichen Vorgaben, der verfügbaren Ressourcen und des mit der betreuenden Person der Arbeit vereinbarten Umfangs zu bearbeiten. Die Forschungsergebnisse werden in Prosaform dargestellt, d.h. in ganzen Sätzen, die in Absätzen zu Sinneinheiten zusammengefasst sind, sowie in Kapiteln und Unterkapiteln, die logisch und konsequent aufgebaut sind. Ebenso ist es wichtig, die Informationsquellen gemäß den Kriterien der Wissenschaftlichkeit zu dokumentieren.
Die Argumente sollten klar und präzise formuliert sein. Außerdem sollte immer auch die Zielgruppe – bei Seminar- oder Abschlussarbeiten der oder die Betreuer_in, der oder die die Fachcommunity vertritt – im Blick behalten werden.
Die folgenden Unterabschnitte führen durch die wichtigsten Aspekte des wissenschaftlichen Schreibens. Diese umfassen:
- Vorbereitung
- Struktur
- Entwicklung einer Argumentation
- Schreibstil
Vor Beginn des Schreibprozesses sollte unbedingt ein Sprechstundentermin mit der betreuenden Person vereinbart werden.
Vorbereitung des ersten Besprechungstermins:
Wann sollte der oder die Betreuer_in aufgesucht werden? Idealerweise hast Du bereits folgende Vorarbeiten geleistet:
- das allgemeine Thema Deiner Arbeit bestimmt,
- eine vorläufige Forschungsfrage formuliert, basierend auf der ersten Sichtung der wichtigsten Literatur zum Thema,
- eventuelle Forschungslücken in der relevanten Sekundärliteratur identifiziert,
- einen ersten Entwurf einer möglichen Gliederung formuliert. Diese Übersicht enthält mögliche Inhalte und gegebenenfalls Hinweise auf die Quellen und die Vorgehensweise.
In der Sprechstunde solltest Du:
- die Forschungsfrage präzisieren,
- die benötigten Quellen und Materialien, Analysemethoden und zentrale wissenschaftliche Literatur klären,
- die Erwartungen an den thematischen Umfang und die minimale bzw. maximale Seitenzahl festlegen,
- den Abgabetermin vereinbaren.
Nach der Sprechstunde solltest Du in der Lage sein:
- das Forschungsvorhaben entsprechend dem Feedback anzupassen,
- einen Zeitplan mit möglichst wöchentlichen Zwischenzielen zu formulieren, die dabei helfen, die Arbeit fristgerecht fertigzustellen.
Gardner und Springfeld (2016) empfehlen mindestens 5–7 Wochen Bearbeitungszeit für eine Seminararbeit im Umfang von 15–25 Seiten, was auf längere Arbeiten entsprechend hochgerechnet werden kann. Auf S. 238 findet sich zudem ein beispielhafter Zeitplan mit Checklisten.
Der schriftliche Text einer Seminar- oder Abschlussarbeit besteht grundsätzlich aus drei Hauptabschnitten (der Prozentsatz gibt den ungefähren Umfang an, den jeder Abschnitt in Ihrer Abschlussarbeit einnehmen sollte).

Neben diesen Hauptabschnitten enthält jede Arbeit zudem Deckblatt, Inhaltsverzeichnis, ggf. Anhang, Quellen- und Literaturverzeichnis sowie eine Eidesstattliche Versicherung (s. Lektion 9).
In welchen Hauptabschnitt lassen sich folgende Informationen am besten einordnen? Überprüfe Dich selbst, indem Du die nachfolgenden Inhalte der entsprechendem Abschnitt zuordnest:
- Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse
- Überblick über die bestehende Forschungsliteratur
- Thematische Hintergrundinformationen und Forschungskontext
- Erläuterungen der Elemente im Titel
- Präsentation der erfassten Daten
- Erkenntnisziele
- Formulierung der Forschungsfrage
- Forschungsausblick
- Niederschrift der Datenanalyse
- Wiederaufnahme der in der Einleitung angesprochenen Themen
Einleitung
Ziel der Einleitung ist es, die Leser_innen kurz und prägnant mit dem Thema vertraut zu machen, insbesondere mit den Aspekten, die für Deine Forschungsfrage relevant sind. Da die Einleitung nur 10–15 % des endgültigen Dokuments ausmachen soll, müssen die Inhalte des einleitenden Abschnitts sorgfältig ausgewählt und prägnant formuliert werden. Um nicht weiter relevante "Füllinformationen" zu vermeiden, sollte immer die konkrete Forschungsfrage im Zentrum stehen – sie dient stets als Orientierung!
Achte darauf, das Fundament für die späteren Argumente zu bereiten und nicht mehr Informationen als nötig einzubauen!
Haupttext
Dieser Abschnitt enthält den umfangreichsten Textanteil. Hier werden die zentralen Sachinformationen zum Thema, Argumente, Datenanalysen und Forschungsergebnisse in nummerierten Unterkapiteln präsentiert. Du solltest Deine eigenen Erkenntnisse und Argumente klar formulieren und sie in logischen Sätzen und Absätzen (= Sinnabschnitte) gliedern. Eine solche Strukturierung der Inhalte ermöglicht ein besseres Leseverständnis. Denke auch daran, von Beginn an Quellennachweise anzugeben, um das Risiko von Plagiaten zu minimieren und um Zeit zu sparen.
Versuche nicht, gleich beim ersten Schreibversuch den "perfekten Wortlaut" zu finden. Schreiben ist kein linearer Prozess.
Fazit
Das Fazit ist das Gegenstück zur Einleitung. Es sollte die zentralen Ideen der Einleitung wiederholen, ein präzise Zusammenfassung der Erkenntnisse bieten und eine "Antwort" zur Forschungsfrage liefern. Das Fazit bietet auch die Möglichkeit, auf nicht beantwortete Ausgangsfragen einzugehen oder weiterführende Forschungsfragen aufzuwerfen, die erst während des Forschungsprozesses entstanden sind. Mögliche Perspektiven für zukünftige Studien aufzuzeigen, die aus der eigenen Forschungsarbeit hervorgegangen sind, ist ein sehr wertvoller Forschungsbeitrag.
Ordne die folgenden Sätze in einer logischen Reihenfolge. Achte darauf, wie der Autor jeden Satz mit dem nachfolgenden verknüpft. Schiebe den Slider nach rechts, um die korrekte Reihenfolge anzuzeigen!
Quelle: Matthew Mugmon, “Beyond the Composer-Conductor Dichotomy: Bernstein’s Copland-Inspired Mahler Advocacy,” Music & Letters 94, no. 4 (2013): 606–27. (Übersetzung: Tobias Reichard)
Wische nach rechts für die richtige Reihenfolge!
Felicitas MacGilchrist bezeichnet in ihrem Buch Academic Writing (2014, S. 88) als Schlüssel für erfolgreiches wissenschaftliches Schreiben auf Hochschulniveau:
Die Hauptaufgabe bei jeder Art von theoretischem, interpretierendem und analytischem Schreiben in allen Disziplinen besteht darin, ein Argument zu entwickeln. Die Qualität Deines Schreibens – und Deiner Bewertung – hängen davon ab, wie überzeugend Du Argumente entwickeln kannst.
(Übersetzung: Tobias Reichard)
MacGilchrist schlägt eine Herangehensweise in drei Schritten vor, um eine Argumentation zu entwickeln:
- Auswahl und Verwendung relevanter Informationen aus Quellen,
- Bestimmung des eigenen Standpunkts,
- Darlegung des eigenen Standpunkts in einer zusammenhängenden Darstellung.
Wichtig ist dabei, dass akademisches Schreiben auf Universitätsniveau nicht bedeutet, lediglich Zitate aus wissenschaftlicher Sekundärliteratur zusammenzustellen, selbst wenn sie sorgfältig dokumentiert sind. Entsprechend dem wissenschaftlichen Kriterium der Diskursivität, muss auch die eigene Position dargelegt werden, und zwar:
- durch die kritische Auswertung verschiedener Quellen – Inwieweit bin ich derselben oder anderer Meinung als die Autor_innen?
- durch Vergleich und Gegenüberstellung der Meinungen und Ideen anderer Autor_innen – Welche Publikationen stützen meine Meinung – auf welche Weise und inwieweit?
Auf diese Weise formulierst Du eine wissenschaftliche Meinung, die auf belegten Verweisen auf relevante Forschungsliteratur beruht. Diese Meinung präsentierst Du als Deine eigene in zusammenhängender und schlüssiger Weise, um die Leser_innen von Deinen Ansichten zu überzeugen und um damit einen Beitrag zum Forschungsfeld zu leisten.
Wissenschaftliches Schreiben erfordert einen formellen Tonfall, der sicherstellen soll, dass Bedeutungen unmissverständlich vermittelt werden. Denn informelle Ausdrücke (etwa umgangssprachliche Formulierungen oder unvollständige Sätze, die typisch sind für die mündliche Rede) werden nicht notwendigerweise von allen auf dieselbe Art und Weise verstanden.
Allerdings erinnert uns Trevor Herbert (2009, S. 10) daran:
Man sollte vermeiden, übermäßig komplizierte Sätze zu verwenden oder Wörter zu wählen, weil man glaubt, dass sie beeindruckend oder intellektuell klingen. Vielmehr legt wissenschaftliche Sprache Wert auf Korrektheit und Präzision, um sicherzustellen, dass die Informationen genau vermittelt werden und die Ideen zugänglich und klar verständlich sind.
(Übersetzung: Tobias Reichard)
Verständlich zu schreiben bedeutet eine Sprache zu wählen, die für die jeweilige Zielgruppe am besten geeignet ist. Bei wissenschaftlichen Texten auf Hochschulniveau reicht die Zielgruppe von den Kommiliton_innen bis zu Professor_innen, wobei vorausgesetzt wird, dass die Fachterminologie des Forschungsthemas korrekt angewendet wird.
Zitierte Literatur
- Matthew Mugmon, “Beyond the Composer-Conductor Dichotomy: Bernstein’s Copland-Inspired Mahler Advocacy,” in: Music & Letters 94, Nr. 4 (2013), S. 606–627.
Weiterführende Lektüre
- Felicitas Macgilchrist, Academic Writing, Paderborn 2014, S. 87–111.
- Trevor Herbert, Music in Words: A Guide to Researching and Writing about Music, New York 2009, S. 9–23.
- Matthew Gardner and Sara Springfeld, Musikwissenschaftliches Arbeiten: eine Einführung, 2. Aufl., Kassel 2018, S. 236–244.