Stilübung Sonate (18. Jahrhundert)

Inhalt


Der Seitensatz

Formal lässt sich die Formfunktion Seitensatz als ein Abschnitt bestimmen, der nach einer Überleitung beginnt und mit dem Beginn der Schlussgruppe endet. In der Regel hat der Seitensatz eine Ausdehnung von weniger als 20% der Expositionslänge. Eigenschaften eines Seitensatzes können sein

  • das Ende einer Viertaktgruppe in hohem Register (Bsp. KV 545),
  • das Ende einer Viertaktgruppe mit Wiederholung (Bsp. KV 283 oder KV 309),
  • das Ende einer Periode (Bsp. KV 311) oder eines Satzes (Bsp. Hob. I:30),

Wenn der Seitensatz nicht mit einer Kadenz in der Nebentonart schließt, lässt sich das Ende des Seitensatzes bzw. der Beginn der Schlussgruppe oftmals über einen Wechsel des Satzbildes und/oder einen Charakterwechsel (›rauschend‹) erkennen. Dieser Wechsel fällt häufig mit einer Taktgruppe zusammen, in der die Terz der Nebentonart im Bass erklingt.

Die Ausarbeitung

Hier lernst du wie du den Seitensatz eines Sonatensatzes nach einer Vorgabe ausarbeiten kannst. Die Vorgabe lautet:

Vorgabe Seitensatz

Der Zweitakter legt eine Wiederholung nahe, wodurch sich eine Ausarbeitung als Satz anbietet. Aus Gründen der Proportionen zum Hauptsatz allerdings sollte der Nachsatz wiederholt werden. Dieses Verfahren lässt sich z.B. im Schlusssatz der Klaviersonate in a-Moll KV 310 (300d) sehr schön beobachten:

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W. A. Mozart, Sonate für Klavier in a-Moll KV 310, 3. Satz, Seitensatz
Klavier: Alfred Brendel, Quelle: Youtube

Der Satz steht in a-Moll, nach dem Halbschluss der Nebentonart beginnt in T. 29 der Seitensatz in der Nebentonart C-Dur, zunächst allerdings mit einer Molleintrübung (c-Moll). Die viertaktige Phrase wird anschließend ohne die Molleintrübung wiederholt und der achttaktige Nachsatz schließt vorläufig mit einem unvollkommenen Ganzschluss (T. 44) in Terzlage. Diese Öffnung bewirkt eine Wiederholung des Nachsatzes, der regulär in T. 52 in einen C-Dur-Ganzschluss enden müsste (eine Hörerwartung, die Mozart in diesem Satz allerdings nicht einlöst).

Für die Stilübung wurde das Modell einem Viervierteltakt angepasst (Phrase = 2 Takte, Phrasenwiederholung = 2 Takte, Nachsatz und Nachsatzwiederholung = 4 Takte). Harmonisch wird der Nachsatz mit der Harmonik der Überleitung gestaltet: IV-I-V-I + Kadenz mit unvollkommenem Ganzschluss in Terzlage. Die Wiederholung des Nachsatzes wird dann zur Abwechslung in der rechten Hand variiert (Umspielungen der Melodie):

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Stilübung eines Sonatensatzes in D-Dur
Ausarbeitung: Ulrich Kaiser, E-Piano: Kilian Sprau