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Paul van Dyk | Quelle: paulvandyk.com
Trance entstand Anfang der 1990er-Jahre in Frankfurt und hat bis heute einen enormen Einfluss auf den Stellenwert Deutschlands innerhalb der elektronischen Musik und die Entwicklung der Musik allgemein. Der Stil katapultierte Dance Music in Form von Euro Trance Anfang der 2000er-Jahre zum allerersten Mal in den Mainstream und erreicht nahezu eine Monopol-Stellung innerhalb der elektronischen Musik. DJs und Produzenten wie Paul van Dyk, Sasha oder Paul Oakenfold wurden als internationale Superstars gefeiert und jetteten um die Welt.
Diese Art von Trance (Uplifting Trance) ist seitdem wieder in den Hintergrund gerückt, wird aber immer noch von einer großen Szene auf vielen Festivals gefeiert und ist als Einfluss in vielen anderen Genres hörbar. Seit der Corona-Pandemie wird allgemein mit Trance allerdings ein Revival der Eurodance-Musik der späten 90er und frühen 2000er-Jahre gemeint, das mittlerweile eine eigene riesge Szene ist. Dieser Artikel beschäftigt sich jedoch mit Uplifting Trance.
Merkmale
Trance steht zwischen ca. 130 und 150 bpm und zeichnet sich durch eine Mischung aus hymnenhaften, stark verhallten Melodien, melancholischen Akkordbewegungen, aggressiven, schnellen Beats und großen Spannungsauf- und abbauten aus. Typisch sind außerdem Synthesizer-Arpeggios und nicht selten werden orchestrale oder World-Music-Elemente mit eingebunden.
Am folgenden Klangbeispiel von 140 bpm können diese Elemente bereits gut herausgehört werden.
Was sofort auffällt ist, wie diese Musik ganz klar auf maximale Wirkung abzielt. Die Fülle dieser Musik und das höhere Tempo klingen im ersten Moment nahezu überwältigend. Außerdem haben alle Sounds einen härteren und beißenderen Charakter.
Drums und Effekte
Die Drums sind recht simpel: ein einfacher Four-to-the-floor-Beat mit Snare (eher typisch als ein Clap-Sound) auf 2 und 4, Open Hi-Hat auf den Offbeats und geschlossene Hi-Hats auf den ersten beiden 16teln jeder Viertel. Perkussionsinstrumente oder komplexe Drumgrooves treten im Trance selten auf. Was die Drums hier ausmacht, ist der aggressive Sound von Kick und Snare. Die Kickdrum hat durch ihren vergleichsweise langen Pitch Envelope sehr viel Punch und die Snare ist mit einem Gated Reverb versehen, was ihr mehr Durchsetzungskraft im vollen Mix verleiht. Die Open-Hi-Hat gibt dem Beat noch einen treibenden Charakter, während sich die 16tel-Hi-Hat in den Rest des Songs mit einfügt. Auch im Trance kommen die Dance-Music-typischen 909-Sounds der Hi-Hats oft zum Einsatz, sind dort aber nicht so prominent wie in anderen Stilen (z.b. Tech House oder Techno).
Die Effektsounds fügen sich in die aggressive Ästhetik ein und sind als Markierung bei Phrasenanfängen und -enden deutlich zu hören. Typisch ist der ausschließlich synthetische Charakter dieser Sounds und ihre Präsenz im Mix.
Bass, Akkorde und Melodien
Über den simplen Four-to-the-floor setzen der Bass, die Akkorde und der Arp-Synth durch schnelle Tonwiederholungen rhythmische Akzente. In diesem Fall verschmelzen die drei Elemente sehr stark miteinander und bilden förmlich eine Wand aus Sound, was nicht untypisch ist. Die Akkordverbindungen sind mit Em–Bm–G–D an Popmusik orientiert und in ihrer Wirkung noch recht gemächlich für Trance. Typisch sind eher sehr stark emotionale Akkordverbindungen und entsprechende Melodien.
Zentral ist außerdem, dass alle drei Elemente durchgehende 16tel spielen und dadurch einen treibenden, fast schon hektischen Charakter bekommen und diesen über das gesamte Frequenzspektrum ausbreiten. In vielen Trance-Songs können diese Elemente auch etwas entkoppelter voneinander erklingen oder weniger hektische Rhythmen spielen; 16tel-basierte Patterns sind jedoch absolut typisch. Gerade der Bass spielt nicht oft nur den Grundton im Offbeat und ergänzt sich dadurch mit der Kickdrum oder wird per Sidechain-Kompression von dieser auf jedem On-Beat verdrängt. Wichtig ist hier zu verstehen, dass Bass und Akkorde den gesamten unteren und mittleren Teil des Frequenzspektrums schon abbilden und nur noch in den hohen Lagen Platz für Melodien lassen.
Der passend hohe Arpeggio-Synthesizer nimmt hier eine besondere Rolle ein, da er als eine Art Mischung zwischen Akkordinstrument und Sekundärmelodie fungiert. Im Trance gibt es durchaus Melodien, die sich nur aus Arpeggios zusammensetzen; ihr Auftreten in der einen oder anderen Form ist allerdings fast Pflicht.
Die Melodie steht in diesem Fall mit ihrem simplen und achtel-basierten Motiv sehr ruhig über dem Rest. Auch das ist kein Muss; wichtig ist die hohe Lage, in der sie erklingt, und ihr Klangcharakter, der sich aus Klavier und einem Synthesizer zusammensetzt und sehr viel Hallanteil besitzt. Diese Ästhetik von starkem Hall findet sich – mit Ausnahme der Drums – in allen anderen Elementen wieder und ist eines der zentralsten Merkmale von Trance.
Auffällig ist, dass fast alle Synthesizer-Sounds eine Sägezahnwelle als Ausgangspunkt haben. Der Klang, der dadurch entsteht, ist sehr obertonreich und hell und in Ansätzen vergleichbar mit dem eines Streichinstruments, da beide einen hohen Geräuschanteil im oberen Frequenzbereich besitzen. Das Klavier bietet hier einen Kontrast und hebt sich deutlich vom Rest des Songs ab.
Vocals
Zusätzlich erklingt alle vier Takte noch ein Vocal-Sample; ebenfalls in hoher Lage und trance-typisch von einer Frauenstimme gesungen. Vocals kommen im Trance sehr häufig vor und treten vor allem im Break auf. Nicht immer müssen diese einen konkreten Text beinhalten, sondern können wie hier aus Vokalen bestehen. Des Öfteren wird auch in anderen Sprachen als Englisch gesungen. Die Texte sind meist hoffnungsvoll und handeln von Utopie und Liebe, anderenfalls allerdings auch von Dystopien. Zentral ist auch hier die hohe Lage und ihr langer, getragener Charakter, der natürlich auch vom großen Hallanteil begünstigt wird. Bemerkenswert ist, wie die Vocals hier zusammen mit der ruhigen Melodie (s.u.) einen Kontrast zum sonst treibenden und aggressiven Charakter der restlichen Elemente bilden.
Arrangement und Verlauf
Die beiden Drops sind hier identisch, während der Breakdown einen deutlichen Kontrast zu ihnen bietet. Eingeleitet mit einem wuchtigem Impact-Sound werden alle Elemente schlagartig per Low-Pass-Filter in den Hintergrund gerückt, ehe sie über die Öffnung desselben Filters zum nächsten Drop hinleiten. Unterstützt werden sie dabei vom Riser im Hintergrund und der sich immer schneller loopenden Kickdrum. Der Build-Up, der dadurch entsteht, ist sehr markant und deutlich. Hier hebt sich Trance von vielen anderen Genres ab, die ihre Build-Ups wesentlich subtiler gestalten, wie z.b. Deep House, Melodic House, Melodic Techno oder auch Uk Garage.
In der Regel sind Trance-Tracks ca. 5–7 Minuten lang und beinhalten mehr Parts als dieses kurze Beispiel hier abbilden kann. Normalerweise baut sich der Song über ca. 3 Minuten progressiv auf und lässt die Melodien, Vocals und Akkorde des Breaks und des späteren Drops zunächst nur spärlich oder gar nicht erklingen. In diesen ersten Minuten hat Trance durchaus Ähnlichkeiten mit Techno.
Schlussbemerkung
Abschließend sei noch gesagt, dass Trance sich vor allem durch Kontraste auszeichnet, wie schon öfter in diesem Artikel angesprochen. Das Grundgerüst hat immer einen treibenden, fast aggressiven und hektischen Charakter, welches sich aber deutlich von den ätherischen, ruhigeren Vocals und Melodien, den hoffnungsvollen Texten, den melancholischen und traurigen Akkorden und den verwendeten akustischen Instrumenten abhebt. Des Weiteren hat Trance bis heute einen enormen Einfluss auf andere Genres und deren Entwicklung. Gerade z.B. im Techno lassen sich viele Elemente, wie die aggressiven Drumsounds, die schnellen Beats oder die verwendeten Synthesizersounds, oft wiedererkennen.
Mehrspurplayer
Der nachfolgende Player bietet die Möglichkeit, alle Elemente nach Belieben stummzuschalten, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen anzuhören oder mit Hilfe des Faders in der Lautstärke zu reduzieren, um einzelne Aspekte der vorangegangen Analyse noch einmal besser nachvollziehen zu können.
Downloads
Hier sind sowohl die Masterdatei als auch die einzelnen Instrumente des Klangbeispiel sTrance als Stems zum Download bereitgestellt. Die Wav-Files können in eine DAW (z.B. Waveform) geladen werden und stehen zum freien Weiterarbeiten zur Verfügung (CC0).
Es empfiehlt sich dabei, das Songtempo in der DAW auf 140bpm zu stellen, da dann alle Spuren genau auf dem Grid liegen.
Bitte die Stems beim Import in eine DAW um etwa 5dB leiser machen, da es sonst zu Übersteuerungen kommen kann.
Ashley Smith – Skyborn (Uplifting Trance)
Ashley Smith – Skyborn (2017) | Quelle: Youtube
Tiesto – Adagio for Strings (eines der bis dato größten Trance-Klassiker)
Tiesto – Adagio for Strings (2004) | Quelle: Youtube
Buzzard – Sensory Overload (Hard Trance, ein härteres und schnelleres Subgenre)
Buzzard – Sensory Overload (2022) | Quelle: Youtube
Farius – Echo Chamber (Progressive Trance, eine langsamere und softere Richtung mit großen Ähnlichkeiten zu Progressive House und Melodic House)
Farius – Echo Chamber (2017) | Quelle: Youtube
Joint Operations Centre – Plexatron (Tech Trance, eine Vermischung von Techno und Trance. Viele Tracks dieser Art tendieren stark Richtung Hard Techno, Driving Techno und Melodic Techno und lassen sich teilweise schwer dem ein oder anderen Stil zuordnen).
Joint Operations Centre – Plexatron (2016) | Quelle: Youtube
Astrix & Avalon – Moonshine (Psytrance, früher auch Goa – eine mittlerweile eigenständige Musikrichtung, gekennzeichnet durch starke World Music Einflüsse und den typischen Psytrance-Bass)
Astrix & Avalon – Moonshine (2017) | Quelle: Youtube