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Drum & Bass

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Das Let it Roll-Festival in Tschechien | Quelle: rove.me

Drum & Bass entwickelte sich gegen Anfang der 1990er Jahre in England als Abspaltung von Jungle, dessen Produzent:innen die damals beliebten Breakbeats mit 160 bis 180 bpm im Gegensatz zu anderen Breakbeat-lastigen Stilen wie UK Garage deutlich schneller abspielten. Vor allem der 5,2 Sekunden lange Break aus dem Song Amen Brother von The Winstions aus dem Jahr 1969 wurde unzählige Male gesampelt. Der fortan betitelte Amen Break legte den Grundstein für den typischen Drum & Bass-Groove und wird bis heute immer noch verwendet – auch in anderen Genres wie Uk Garage oder Hip Hop.

Während Jungle sich allerdings stark auf den Gebrauch von Samples – vor allem aus dem Reggae-Bereich – beschränkte, begannen Produzent:innen wie Goldie, Reprazent, Ed Rush und LTJ Bukem schließlich, die Komplexität der Jungle-Beats zu minimieren, andere Sounds zu verwenden und mehr Fokus auf die Gestaltung der Bässe zu legen und kreierten so Drum & Bass.

Die Szene ist nach wie vor sehr lebendig. Der Stil bewegt sich mit seiner sehr großen Fangemeinde mittlerweile irgendwo zwischen Underground und Mainstream und wird in Drum-and-Bass-Clubs oder Festivals wie dem Let it Roll zelebriert.

Im Folgenden sollen die genretypischen Merkmale anhand eines Demo-Loops von 176 bpm herausgearbeitet und dargestellt werden.

Drop 1
Build-Up
Drop 2
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Klangbeispiel Drum&Bass, aufbereitet von Marius Wünsch | CC0

Drums

Das hier vorliegende Pattern hat sich als Standardgroove für das Genre entwickelt: eine Snare auf 2 und 4, Hi-Hats auf den Achteln und eine Kick auf der 1 und 3-und. Komplementiert wird dieses Grundgerüst von Ghost-Notes auf der Snare und diversen Percussion-Grooves; in diesem Fall nur durch ein Tambourin. Denkbar wären noch andere Perkussionsinstrumente wie Congas, Bongos, usw. Am Ende der Drops spielen die Drums außerdem noch einen für Dance-Music recht komplexen Fill. Solche gestalterischen Freiheiten in den Drums sind typisch für das Genre – wie der Name vermuten lässt.
Varianten des Grooves kommen durchaus vor und beziehen sich meistens auf die Platzierung der Kickdrum, wobei das Ziel niemals ist, einen zu komplexen Groove zu erschaffen, um das Gefühl für das Metrum zu verlieren, sondern viel mehr der Gestaltung der Drums einen großen kreativen Freiraum einzuräumen. Wichtig ist trotzdem noch eine gewisse Natürlichkeit und Spielbarkeit des Grooves – zumindest theoretisch.

Das Sound-Design der Drums ist darüber hinaus sehr vielfältig und orientiert sich stark am Subgenre. Nicht selten aber kann den Produzent:innen selbst schon ein charakteristischer Drum-Sound zugewiesen werden. Zentral ist immer, dass Kick und Snare recht kurz und knackig klingen, um viel Platz für andere Elemente zu lassen, wie Perkussion, Ghostnotes und Hi-hats und allem voran den Bässen.

Drop 1
Build-Up
Drop 2
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Bassline

Während in vielen anderen Genres oftmals von Track zu Track entschieden wird, ob der Subbass von der Kickdrum oder dem Bass selbst kommt, ist die Hierarchie im Drum & Bass dahingehend klar: Der Bass deckt auch immer den Subbassbereich ab. Kontrastierend zum hektischen Drum-Groove ist der Subbass (so wie auch hier) meistens durch lange Noten und wenig Bewegung gekennzeichnet. Es wird also quasi eine Art Fundament geschaffen, auf dem sich die Drums austoben können.
Die hörbaren Frequenzen des Basses können aber durchaus komplexer sein als der Subbassbereich. So hört man auch hier ähnlich wie im Dubstep komplexe Filtermodulationen, die einen eigenen Rhythmus erzeugen und die Bässe ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen. In diesem Loop übernehmen die Bässe allerdings auch die Funktion eines Lead-Elements, was im Genre recht häufig vorkommt.

Drop 1
Build-Up
Drop 2
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Restliche Elemente

Im Prinzip sind mit Bass und Drums die charakteristischen Merkmale des Genres beschrieben. In diesem Fall ist der Name also tatsächlich Programm, denn alles weitere, was in einem Drum & Bass-Song vorkommt, ist abhängig vom Subgenre und/oder den Produzent:innen. Anders als die anderen Dance-Music-Stile definiert sich dieses Genre nur über seinen Grundgroove und durch keinerlei harmonische oder melodische Besonderheiten. Sogar im Sounddesign und der generellen Stimmung kann man, abgesehen von den oben beschriebenen Eigenheiten bei Bass und Drums, keine wirkliche Tendenz feststellen. Drum & Bass bedient sich bei Jazz, Soul, Rock, Heavy Metal, Pop, World Music und viel mehr und kombiniert diese Einflüsse mit seinem charakteristischen Grundgroove, dem ein stabiles Bassfundament unterlegt wird.
Deswegen kann hier bei den Akkorden und den Effekt-Sounds auch keine allgemeingültige Aussage abgeleitet werden, außer der, dass sie Dance-Music-typisch als Werkzeuge für das Arrangement des Tracks eingesetzt werden (s.u.).
Deswegen können in der Musik natürlich auch Lead-Synths und-Samples abseits des Basses oder Vocals vorkommen. Die Entscheidung darüber hängt nur davon ab, was das ästhetische Ziel der Produzent:innen ist.

Arrangement und Entwicklung im Verlauf

Drum & Bass ist in seinen Arrangements ebenso vielfältig wie in seiner musikalischen Ausprägung. Dance-music-typische Stilmittel finden hier aber natürlich genauso Verwendung wie in anderen Stilen: Effektsounds markieren die verschiedenen Formteile und den Übergang zwischen diesen. Ein flächiges Akkordinstrument stellt im Break einen Kontrast zum basslastigen Drop her. Und genauso kommen auch hier Lautstärke-, Filter-, Hall- und Delay-Automationen zum Einsatz, um den Build-Up zum zweiten Drop zu unterstützen. Was jedoch typisch für Drum & Bass-Songs ist, sind Kontraste im Arrangement. Lange, sich aufbauende Arrangements wie im Techno oder House kommen eher weniger vor; stattdessen konzentrieren sich die Songs mehr auf geschickt platzierte Breaks und Drops oder erzeugen Abwechslung, indem sich nicht die Drums oder den Bass in ihren Patterns entwickeln, sondern eher die Lead-Elemente. Wie genau dies allerdings umgesetzt wird, ist meistens abhängig vom Subgenre.
Generell lässt sich abschließend noch sagen, dass man sich immer entscheiden muss, ob man einen eher komplexen Drumgroove will oder viel Raum für Lead-Elemente wie Melodien und Vocals lässt. Standard ist allerdings immer eine Variante des beschriebenen Kick- und Snare-Patterns.

Mehrspurplayer

Der nachfolgende Player bietet die Möglichkeit, alle Elemente nach Belieben stummzuschalten, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen anzuhören oder mit Hilfe des Faders in der Lautstärke zu reduzieren, um einzelne Aspekte der vorangegangen Analyse noch einmal besser nachvollziehen zu können.

Drop 1
Build-Up
Drop 2

Klangbeispiel Drum&Bass, aufbereitet von Marius Wünsch | CC0

Downloads

Hier sind sowohl die Masterdatei als auch die einzelnen Instrumente des Klangbeispiels Techno als Stems zum Download bereitgestellt. Die Wav-Files können in eine DAW (z.B. Waveform) geladen werden und stehen zum freien Weiterarbeiten zur Verfügung (CC0).
Es empfiehlt sich dabei, das Songtempo in der DAW auf 176bpm zu stellen, da dann alle Spuren genau auf dem Grid liegen. Bitte die Stems beim Import in eine DAW um etwa 5dB leiser machen, da es sonst zu Übersteuerungen kommen kann.

Weitere Beispiele für Drum & Bass

Selbstverständlich können dieser Artikel und das Klangbeispiel nur einen Teil dessen abbilden, was Drum&Bass ausmacht. Anbei sind noch ein paar Beispiele gelistet, die die verschiedene Ausprägungen des Genres noch zusätzlich darstellen sollen.

Noisia & The Upbeats – Dead Limit

Neuro Funk – ein dunkles und aggressives Subgenre. Kennzeichnend sind experimentellere Beats und ausgeprägtes Bass-Design, dass dem von modernem Dubstep sehr ähnelt.

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Noisia & The Upbeats – Dead Limit (2015) | Quelle: Youtube

S.P.Y. – By Your Side

Liquid Drum & Bass – eine progressivere, softere Variante des Genres, die Einflüsse aus Jazz, Soul und Orchestraler Musik mit einfließen lässt. Im Drop wird auch hier der Amen Break verwendet.

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S.P.Y. – By Your Side (2010) | Quelle: Youtube

Leviticus – Burial

Jungle – wie oben erwähnt quasi die Ursprungsform des Stils

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Leviticus – Burial (1994) | Quelle: Youtube

Öwnboss, Sevek – Move Your Body (Hedex Remix)

Jump Up – ein Subgenre, bei dem der Partyfaktor im Vordergrund steht. Typisch sind poppige Melodien, ein vergleichsweise simpler Beat und der Fokus auf aggressive Bass-Sounds. Nicht zu verwechseln mit Neuro-Funk.

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Öwnboss, Sevek - Move Your Body (Hedex Remix) (2022) | Quelle: Youtube

The Invisible Man – The Beginning

1993 erschienen, wird The Beginning als einer der ersten Drum & Bass-Tracks gesehen. Gut zu hören ist die Abspaltung zu Jungle und die durchgehende Verwendung des Amen Breaks.

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The Invisible Man – The Beginning (1993) | Quelle: Youtube