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Analyse eines Beispiels
Als Vorbild und Beispiel zur Analyse sehen Sie im Folgenden die Schlussgestaltung aus der Fuge BWV 895 von Johann Sebastian Bach, die Bach vielleicht in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts, vielleicht aber auch noch frĂŒher in Arnstadt (1703â1707) geschrieben hat:
Veranschaulicht man die Harmonik, die Bach fĂŒr die Schlussgestaltung seiner Fuge in a-Moll verwendete hat, als einfaches Harmoniemodell, ergibt sich das folgende Kadenzmodell (die Zuordnung der Stationen des Kadenzmodells zum Beispiel von Bach können Sie sehen, wenn Sie die obere Abbildung berĂŒhren):
Beachten Sie bitte, dass Bachs Fuge BWV 895 nicht (!) in A-Dur schlieĂt. Bachs Fuge schlieĂt lediglich mit einem A-Dur-Akkord, der allerdings einen ganz eigentĂŒmlichen Klang hat. Dieser resultiert aus der Erwartung eines Mollakkords, der dann zu einem Durakkord âșaufgehelltâč wird. Eine solche Aufhellung einer Molltonika wird auch als âșpicardische Terzâč bezeichnet. Mindestens genauso wichtig fĂŒr eine schlĂŒssige Harmoniefolge sind die Klangraumgestaltung und die Rhythmik. Wenn man sich hierfĂŒr auf das Satzbild konzentriert, ist das meist aufschlussreich:
Zum einen ist eine groĂe AbwĂ€rtsbewegung ĂŒber Dreiklangsbrechungen in BWV 895 in die tiefe Klanglage auffĂ€llig, wobei die AkkordschlĂ€ge je nach Lage der Arpeggien unter, aber auch ĂŒber der melodischen Bewegung erklingen. Der letzte Takt bringt dann nach einem gewichtigen tiefen Ton eine Kadenz in ausgewogener Mittellage. Im vorletzten Takt wird dabei der durchlaufende Sechzehntel-Puls signalhaft unterbrochen, die Verlangsamung (Achtel und Achtel mit zwei Sechzehnteln) bereitet den Schlussakkord vor.
Ziel der folgenden Ăbungen ist es, eine eigene Schlussgestaltung zu schreiben. Dabei orientieren wir uns am Rhythmus der Ausarbeitung Bachs (durchgehende Sechzehntel mit einem ritardierenden Moment im vorletzten Takt), werden jedoch die melodische FĂŒhrung und auch die Harmoniefolge variieren.
Sollten Sie den berechtigten Einwand haben, dass in dieser Kadenz (und in dem Kadenzbeispiel 2 oben) die Septime des Sekundakkords der Dominante eigentlich â wie im ersten Kadenzbeispiel â abwĂ€rts in die Terz der Tonika hĂ€tte gefĂŒhrt werden mĂŒssen, dann ist dieser Einwand richtig und falsch zugleich. Richtig, weil die Septime der Dominante âșfâč nicht korrekt abwĂ€rts aufgelöst werden muss, wie es die Theorie der Zeit vorschreibt und falsch, weil es schöne Beispiele groĂer Komponisten wie z.B. Bach, Vivaldi und Corelli gibt, die gezeigt haben, dass eine âșfalscheâč Septimauflösung in dieser Konstellation sehr gut klingt.
(Der Notentext beginnt beim Youtube-Link beim Timecode 1:32, die Wendung wird beim BerĂŒhren der Abbildung grĂŒn markiert.)
Das Kadenzmodell beginnt wie die Schlussgestaltung in der Fuge BWV 895 bzw. mit einer Zwischendominante zur Subdominante, wobei anstelle der Subdominante â quasi trugschlĂŒssig â der Neapolitaner erklingt (Beispiel 3). Dem Neapolitaner folgt der Sekundakkord der Dominante, der ĂŒber einen doppeldominantischen verminderten Septakkord und die Dominante (mit Vorhaltsquartsextakkord) in die Tonika mit picardischer Terz aufgelöst wird (Beispiel 2). Das folgende Beispiel zeigt die rhythmische Einrichtung der Schlussgestaltung, wobei in der Melodie nicht nur Arpeggien, sondern Arpeggien abwechselnd mit einer Tonleiterbewegungen zum Einsatz kommen sollen.
Eine detaillierte Ausarbeitung dieser Skizze könnte â unter Beibehaltung des oben erörterten rhythmischen Ritardandos â wie folgt aussehen:
Einen âșknurrigerenâč, etwas gewichtigeren Schlussklang lĂ€sst sich ĂŒber die weite Lage des Schlussakkords erreichen. In dem folgenden Beispiel wurde daher im vorletzten Takt die Imitation ins untere Register fortgesetzt und der Schlussakkord ĂŒber eine durchlaufende Sechzehntelbewegung angesteuert (unter VernachlĂ€ssigung der Vorgabe âșrhythmisches Ritardandoâč). Das Ritardando ist dabei dem Interpreten (bzw. der Tempospur in meiner DAW :) ĂŒberlassen.