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Techno

Inhaltsverzeichnis

Der mittlerweile geschlossene Club Mixed Munich Arts © groove.de

Einführung

Kaum ein anderer Stil dürfte mit so viel Historie und Purismus aufgeladen sein wie Techno. Nachdem der Stil in den 80ern in Detroit als düstere Antwort auf das fröhlichere House aus Chicago erschaffen wurde, entwickelte sich in den 1990ern in Deutschland eine Szene um den Stil, die die Musik zu einem Symbol für die Wiedervereinigungvon Ost- und Westdeutschland und für den Abgrenzung von Mainstream-Popkultur machte. Nach seinem Hoch zu dieser Zeit verschwand der Stil für einige Jahre wieder in den Untergrund und blieb seiner Abgrenzungsmentalität treu, ehe er gegen Ende der letzten Dekade plötzlich deutlich an Popularität gewann. Obwohl Techno mittlerweile längst im Mainstream angekommen ist, hält die Szene felsenfest an der oben beschriebenen Mentalität fest. Techno ist dadurch heutzutage von einer immensen Ambivalenz durchzogen, die zwischen Kommerzialisierung und non-profit-Gedanken pendelt.

Generelle Merkmale

Techno ist meistens zwischen 125 und 160 bpm schnell und geprägt von einem sehr düsteren Klangcharakter. Texturen und der treibende Beat stehen im Vordergrund. Melodien, Vocals und Akkorde treten eher als kurze Motive auf und waren lange Zeit fast eine Art No-Go (vor allem Vocals), wobei die Produktionen der letzten Jahre zunehmend mehr Fokus auf diese drei Elemente legen.

Im Folgenden sollen die genretypischen Merkmale anhand eines Demo-Loops von 132 bpm herausgearbeitet und dargestellt werden. Der Loop entspricht dem Subgenre Driving Techno, was zurzeit als die "typischste" Variante des Stils verstanden werde kann, und dient vor allem zur Veranschaulichung der typischsten und allgemeinsten Merkmale des Stils. Es sei jedoch nochmal erwähnt, dass der Stil so vielseitig ist, dass seine Bandbreite unmöglich anhand eines einzelnen Artikels beschrieben werden kann. Gerade Melodic Techno muss hier als besonders eigenständiger Stil erwähnt werden.

Drop 1
Build-Up
Drop 2
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Klangbeispiel Techno, aufbereitet von Marius Wünsch | CC0

Drums

Kick, Hats und Ride haben einen aggressiven, treibenden und dunklen Charakter, der vom hellen Sound der als Fill auftretenden Clap kontrastiert wird. Die Kick spielt zwar einen Four-to-the-floor-Rhythmus; ein Backbeat fehlt aber. Stattdessen gibt es nur eine offene Hi-Hat auf jedem Offbeat, die im zweiten Drop um durchgehende 16tel einer geschlossenen Hi-Hat und einem Ride auf jeder Achtel ergänzt wird. Ein Backbeat durch Clap oder Snare kann trotzdem durchaus auftreten. Jedes Element ist zudem recht mit deutlichem Hall versehen – sogar die Kickdrum, und das auch (oder gerade) in ihrem Bassbereich! Dadurch und durch ein 16tel-Delay vor dem Hall folgt jedem Kickdrum-Schlag ein tiefes "Grummeln", das mit weiteren Effekten wie Kompression und EQ im Zaum gehalten und definiert wird und so einen treibenden, sehr mächtigen 16tel-Subbass ergibt, der auch Rumble genannt wird. Der Rumble wird anschließend kurzzeitig per Sidechain-Kompression durch die Kickdrum verdrängt, damit diese zwei Elemente sich nicht überlagern. Immer öfter wird dieser Subbass aber auch durch einen zusätzlichen Synthesizer statt durch die Manipulation der Kickdrum erzeugt.

Der Rumble-Bass hat in den letzten Jahren Techno maßgeblich bestimmt und reicht eigentlich alleine aus, um einen Track dem Genre zugehörig zu machen. Er wird jedoch mittlerweile auch öfters durch einen Synthesizer-Bass auf Offbeat-Basis abgelöst. Dies ist vor allem auch abhängig vom Subgenre; im Melodic Techno etwa kommt der Rumble-Bass so gut wie gar nicht vor.

Drop 1
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Drop 2
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Bassline

Der Subbassbereich ist durch den Rumble bereits abgedeckt. Der hörbare Rolling Bass wird durch einen gefilterten Sägezahn-Oszillator erzeugt und spielt eine Oktave höher. Dieser ist mit dem Pattern der durchgehenden 16tel ähnlich zum charakeristischen Bass im Psytrance, nimmt hier jedoch keine zentralle Stellung ein, sondern dient vielmehr zur Unterstützung des treibenden Grooves und ist auch kein Muss im Techno.
Hinzu kommt in jedem ersten Takt einer Vier-Takt-Phrase ein sehr knalliger Bass-Sound, der melodisch als Ergänzung zu einem der Lead-Sounds auftritt und stark auf große Wirkung abzielt.
Der dritte Bassound, der erstmals im Beginn des Breaks auftritt, kann als eine Art Earcandy verstanden werden und zielt auf mehr Fülle im Mix und Arrangement ab.
Alle drei Bassounds gliedern sich mit ihrem Sound in die düstere und aggressive Ästhetik des Tracks ein.

Drop 1
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Drop 2
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Drones und Pad

Die Drones und das Pad dienen vorrangig dazu, Fülle im Mix herzustellen und die düstere und bedrohliche Ästhetik des Tracks zu unterstreichen. Das Pad bildet lediglich mit einem Akkord das auftretende tonale Feld Bm ab. Die Bewegung der Topnote vom G zum F# dient hier zur Vermeidung von Monotonie und bringt eine eigene Qualität der Endgültigkeit mit sich, die die düstere Stimmung des Tracks unterstreicht.

Drones & Textures

"Drone Sounds" können synthetisch oder sample-basiert sein und beschreiben einzelne lange Töne (quasi eine Art Orgelpunkt), die im Hintergrund stehen und dem Track dadurch mehr Tiefe und Fülle geben sollen. Nicht selten werden sie in dieser Funktion auch von tonal nicht eindeutig zu bestimmenden Sounds abgelöst, wobei man in diesem Fall eher von "Texture Sounds" sprechen würde. Drones und Textures sind typisch für progressivere Genres wie z.B. Techno, Tech House, Progressive House. Die Wahl des einzelnen Sounds hängt von der gewünschten Ästhetik ab.

Hört man sich nun den Track nur mit den bisher vorgestellten Elementen an, kann man feststellen, dass diese bereits ausreichen, um ein stimmiges Gesamtbild abzugeben. Es wäre vollkommen legitim, diesen Loop in einem kompletten Song über längere Zeit laufen zu lassen und mit leichten Veränderungen ein wenig abwechslungsreich zu gestalten, bevor man die Lead-Sounds oder andere Elemente hineinbringt.

Drop 1
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Drop 2

Leads

Hier spielen die Leads konkrete melodische Fragmente; ein Trend, der sich im modernen Techno seit einiger Zeit abzeichnet. Trotzdem ist der hier produzierte Stil nicht mit Melodic Techno gleichzusetzen. Wichtig ist allerdings auch, dass dies keine lang ausgearbeiteten Melodien sind und die Fragmente auch nicht mit viel Variation wiederkehren. Viel mehr geht es auch hier um die düstere Stimmung des gesamten Tracks. Anders als hier können die Leads auch weniger eingängig gestaltet sein, indemsie sich sogar nur auf einen einzigen Ton, Akkord-Stab, oder ähnliches beschränken, dem ein rhythmisches Pattern zugrunde liegt.
Viele Techno-Songs werden jedoch um ein zentrales Lead-Element herum arrangiert – sei es ein Vocal oder ein Lead-Synth. Oft wird der Track dazu über mehrere Minuten progressiv aufgebaut, und das Lead-Element während dieser Zeit "geteased". Erstmals ertönt dieses dann in seiner Gänze im Break oder sogar erst im Drop nach dem Break. Der gewünschte Effekt ist hier, die Spannung bis zum "Enthüllen" des Lead-Sounds so lange aufzubauen, dass dieser Moment dann umso mehr Wirkung hat.

Drop 1
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Drop 2

Arrangement und Entwicklung im Verlauf

Der hier vorliegende Loop kann die Soundlandschaft von Techno recht gut abbilden. Eines der wichtigsten Elemente der Musik sind jedoch die lang gezogenen Arrangements der Tracks, in denen Veränderung nicht schnell, sondern eher langsam über Zeit geschieht.
Dies ist immer eine sehr bewusste Entscheidung der Produzent:innen. Es geht im Techno nicht darum, klare Strukturen zu schaffen und möglichst viel Wirkung auf engem Raum herzustellen, sondern ein Grundgerüst schaffen, das gerade wegen seiner langgezogenen und monoton wirkenden Arrangements den Hörer:innen genügend Freiraum lässt sich darin zu verlieren ohne durch starke Lead-Elemente wie Vocals oder Melodien davon abgelenkt zu werden. Stark deshalb, da diese Elemente – wie oben bereits erwähnt – oft nur kleine Fragmente sind und wenn sie doch etwas "stärker" auftreten, meistens erst nach einiger Zeit ihren Auftritt in einem sich bis zu dem Punkt lange aufbauenden Arrangement haben.
In jeder Form von Dance Music geht es um einen ununterbrochenen Flow, der durch die DJs oder Live Acts während der Sets hergestellt wird und von einzelnen (euphorischen) Momenten gespickt ist. Diese Momente werden im Techno jedoch viel seltener und bewusster in Szene gesetzt, als in vielen anderen Stilen.

Mehrspurplayer

Der nachfolgende Player bietet die Möglichkeit, alle Elemente nach Belieben stummzuschalten, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen anzuhören oder mit Hilfe des Faders in der Lautstärke zu reduzieren, um einzelne Aspekte der vorangegangen Analyse noch einmal besser nachvollziehen zu können.

Drop 1
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Klangbeispiel Techno, aufbereitet von Marius Wünsch | CC0

Downloads

Hier sind sowohl die Masterdatei als auch die einzelnen Instrumente des Klangbeispiels Techno als Stems zum Download bereitgestellt. Die Wav-Files können in eine DAW (z.B. Waveform) geladen werden und stehen zum freien Weiterarbeiten zur Verfügung (CC0).
Es empfiehlt sich dabei, das Songtempo in der DAW auf 132bpm zu stellen, da dann alle Spuren genau auf dem Grid liegen. Bitte die Stems beim Import in eine DAW um etwa 5dB leiser machen, da es sonst zu Übersteuerungen kommen kann.

Weitere Beispiele für Techno

Selbstverständlich können dieser Artikel und das Klangbeispiel nur einen Teil dessen abbilden, was Techno ausmacht. Anbei sind noch ein paar Beispiele gelistet, die die verschiedene Ausprägungen des Genres andeuten sollen.

Filterheadz – Synergy (T78 Remix) (ein gutes Beispiel für ein typisches Techno-Arrangement)

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Filterheadz – Synergy (T78 Remix) (2019) | Quelle: Youtube

Sam Paganini – Rave
Sam Paganini – Rave (Adam Beyer & Layton Giordani Remix)

Zwischen dem Original und dem Remix liegen 8 Jahre. Ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Musik hin zum typischen Rumble-Bass, mehr melodischen Einschlägen und ausgeklügelten Arrangements.

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Sam Paganini – Rave (2014) | Quelle: Youtube

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Sam Paganini – Rave (Adam Beyer & Layton Giordani Remix) (2022) | Quelle: Youtube

Alignment & Anxhela – Straight Into Your Face (Hard Techno)

Hard Techno ist ein schnelleres und härteres Subgenre von Techno. Auch hier geht der Trend eindeutig zu mehr Melodien und Vocals. Gerade dieser Substil scheint sich vor allem bei jüngeren Zuhörer:innen immer mehr Beliebtheit zu erfreuen).

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Alignment & Anxhela – Straight Into Your Face (2022) | Quelle: Youtube

Kaufmann – Twee (Psy-Techno)

Dieser Stil ist eine Vermischung von Psytrance und Techno, aber im langsameren Tempo von ca. 125–130 bpm).

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Kaufmann – Twee (2022) | Quelle: Youtube

Monolink – Reflections (Sam Shure Remix) (Melodic Techno)

Melodic Techno entfernt sich am weitesten vom "herkömmlichen" Techno und ist ein recht neues, aber sehr beliebtes Genre. Gekennzeichnet ist es durch mehr harmonische und melodische Gestaltung, einen softeren Sound und ein langsameres Tempo.

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Monolink – Reflections (Sam Shure Remix) (2022) | Quelle: Youtube