J Dilla Style

Inhalt

Bildquelle: lastfm

Einführung

J Dilla, auch bekannt als Jay Dee, war einer der einflussreichsten Hip-Hop-Produzenten der 1990er und 2000er Jahre. Er war gebürtiger Detroiter (*1974) und lebte dort zu großen Teilen seines Lebens, bis zu seinem Tod im Jahr 2006 in Los Angeles. Sein unverwechselbarer Produktionsstil machte ihn zu einer Ikone des Beat Making und einem Pionier des kreativen Samplings. Er war bekannt für die Verwendung obskurer Samples aus alten Soul-, Jazz- und Funk-Platten. Besonders markant ist die kreative Art der Verwendung der Sampling-Technik auf dem Akai MPC und die komplex rearrangierte Anordnung und Manipulation der Samples in seinen Instrumentalen.

Außerdem hatte er eine eigene rhythmische Handschrift bei der Programmierung der Drums. Sie zeichnet sich durch die Verwendung von Swing- und unkonventionellen Off-Grid-Rhythmen aus, die seinen Tracks einen lebendigen, organischen Charakter verleihen. Er verwendete oft mehrere Layer an Samples, Live-Instrumenten und Effekten, um einen vielschichtigen Sound zu erzeugen. Die Songs enthielten meist komplexe Akkordfolgen und erweiterte Harmonien, die er ohne musiktheoretischen Background nach Gehör komponierte. Diese entstanden teilweise auch durch das Überlagern mehrerer Einzelstimmen, die er auf den 16 anschlagsdynamischen Pads des MPC einspielte – ähnlich einem Chor oder Bläsersatz.

J Dillas Einfluss auf die Welt der Hip-Hop-Produktion war bedeutend. Sein innovativer Einsatz von Samples, Swing-Rhythmen und Harmonien hat eine ganze Generation von Produzenten inspiriert und dazu beigetragen, die Kluft zwischen Hip Hop und anderen Musikrichtungen zu überbrücken. Besonders stark hat sich seine rhythmische Phrasierung unter Schlagzeugern verbreitet. Viele der relevantesten Hip-Hop-Produzenten von heute, darunter Kanye West, Madlib und Flying Lotus, nennen ihn als Kerneinfluss. Sein Vermächtnis ist in der Hip-Hop-Gemeinde nach wie vor spürbar, und er wird weithin als einer der wichtigsten und innovativsten Produzenten in der Geschichte des Genres angesehen.

Am Ende dieses Dokuments ist eine Reihe von (englischsprachigen) Videos eingebunden, welche die Sampling-Techniken Dillas näher beschrieben.

Der von J Dilla benutzte Minimoog Voyager Synthesizer und sein MPC3000 befinden sich heute im National Museum of African American History and Culture. | Bildquelle: https://nmaahc.si.edu

Klangbeispiel

Im folgenden Beispiel wurde versucht, die markanten Elemente von J Dillas Style einzufangen.

A
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B
A
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16 Takte

A

16 Takte

B

16 Takte (filtered/hicut)

A

16 Takte

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Mit dem Mehrspurplayer können alle Elemente, die in der nachfolgenden Analyse besprochen werden, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen angehört werden.

Drums

Ganz nach J Dillas Vorbild wurden die Drums unquantisiert eingespielt um die Nuancen des Grooves zu bewahren. Instrumentiert wurde das Kit mit einer Kick, HiHat und Snare. Die Snare wurde mit einem Schellenkranz und Hand Claps gelayert. Der Kick Sound wirkt ähnlich dem Boom Bap eher "dusty" und kaputt. Die Snare hat durchsetzungsfähige Höhen, welche durch den Schellenkranz verstärkt werden. Der Loop wiederholt sich mit kleineren Variationen nach 16 Takten.

Das besondere an den Drums ist ihre mikrorhythmische Bewegung. Die Kick und HiHat sind mal stärker, mal weniger geshuffelt. Das bewegt sich von übertriebenem Swing bis zu quintolisch wirkenden In-between-Phrasierungen. Die relativ konstante Snare zentriert den Groove und erlaubt der Kick inkonsistentere Platzierungen.

Der Mix wurde mit Side Chain Kompression versehen. Dabei dienten Kick und Snare als Trigger Signal.

Bass

Der Bass Sound kommt von einem Software Synthesizer der Native Instruments Komplete Library. Er orientiert sich an den technoideren Sounds der Dillatronic Phase. Gespielt wurde der Bass analog zum Feel der Drums. Dabei kommt die spezielle Mikrotime besonders stark zur Geltung. Es entsteht ein wankendes, fast schon betrunken stolperndes Feeling in der Bassline.

Harmonisch wird im A-Teil ein F6-Arpeggio vom D absteigend zum F gespielt. Im B Teil wird die Bassline tonal variiert. Hier spielt der Bass einen Dm-Akkord aus, bei gleichbleibenden rhythmischen Elementen.

E-Gitarre

Die cleane E-Gitarre wurde zuerst frei auf den Beat aufgenommen und im Anschluss gesampelt. Insgesamt wurden 16 Pads (MPC Style) mit Phrasen belegt und damit ein Arrangement kreiert.

Die mit Trillern versehenen Akkorde implizieren eine Fmaj7/9 Harmonik und erzeugen ein verträumtes Gefühl. Bildlich gesprochen erinnert es vielleicht an flatternde Schmetterlinge oder Wasserbewegung.

Die Akkordumspielungen werden durch mit Slides verbundene Quartenakkorde und RnB-typische Voicings ergänzt.

Im B-Teil wurden die Höhen der Gitarren und Keys weggefiltert. Dadurch entsteht ein subtiler Unterschied und der Effekt von Distanz. Hier kommt wieder die Wassermetapher ins Spiel. Diesmal klingt es jedoch so, als wäre man für 16 Takte unter Wasser.

Keys

Den tragenden Teil des Keyboard-Stems bildet das effektierte Rhodes. Hinzu kommt das von einem Lead Synth gespielte Motiv im jeweils 8. Takt des Formteils.

Das Rhodes spielt eine 4-taktige absteigende Melodie, gefolgt von einem Cluster Voicing. Der glockenartige Sound ist mit einem langen Hall und einer noch längeren Delay-Fahne versehen. Der Effektschweif zieht sich über mehrere Takte hinter den Akkorden her. Ein letztes mal diente das plätschernde Wasser als Inspiration beim Einspielen der Melodie und der Wahl des Sounds.

Dank der Side-Chain-Kompression setzen sich Drums und Bassline stets durch, trotz der langen Hall und Delay-Fahnen der anderen Instrumente.

Downloads

Alle diese Dateien stehen unter der Lizenz CC0 ("kein Urheberrechtschutz"), sodass du sie verwenden, verbreiten und bearbeiten darfst.

Musikbeispiele

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J Dilla – Think Twice Instrumental (2001) | Quelle: Youtube

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J Dilla – So Far To Go (Feat Common & D'Angelo) (2006) | Quelle: Youtube

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J Dilla – Don't Cry (2006) | Quelle: Youtube

Vertiefung: J Dillas Sampling-Techniken

Die folgenden drei Videos geben einen Überblick über die erwähnten Sampling-Techniken und rhythmischen Stilmittel (auf Englisch).

Im ersten Video wird erklärt, wie das MPC3000 (ein Music Production Center der Firma Akai) funktioniert und wie J Dilla mit seinem individuellen Umgang mit dem MPC und dem Minimoog dem Hip Hop seine ganz eigene Note gab.

MPC 3000
Dill's Einsatz von MPC und Samples
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How J Dilla humanized his MPC3000 (Vox) | Quelle: Youtube

Das nächste Video geht ausführlich auf die für J Dilla typischen Drums und sein Timefeel ein.

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How J Dilla’s Timefeel ACTUALLY Works (Digging the Greats) | Quelle: Youtube

Dieses Video gibt eine persönliche Erinnerung wieder, daran wie J Dilla Instrumentalteile mit den Pads seines MPC 3000 mischte.

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Questlove on J Dilla's sampling techniques (Red Bull Music Academy) | Quelle: Youtube