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Boom Bap

Inhalt

Quelle: Wikimedia

Einführung

Der Boom Bap ist ein Subgenre des Hip Hop, welches in den 1990ern entstanden ist und sich besonders durch eine rohe, Sample-basierte Soundästhetik mit prägnanten Drums definiert.

Boom-Bap-Produzenten verwendeten oft Samples von alten Funk-, Soul- und Jazz-Platten, um ihre Beats zu kreieren. Diese Samples wurden mit Sequenzern wie dem SP-1200 oder der Akai MPC zerschnitten, editiert und neu arrangiert, um einen einzigartigen Sound zu erzeugen – ähnlich einer Collage. Die Drums im Boom Bap zeichnen sich durch schwere Backbeats mit markanten Kick- und Snare-Drum-Sounds aus. Die Drum-Sounds werden oft mit anderen Percussion-Instrumenten wie HiHats, Becken und Shakern überlagert (layering).

Die Texte der Rapper befassen sich häufig mit sozialen und politischen Themen sowie mit persönlichen Feden und Erfahrungen. Nicht selten wird dabei aus der eigenen Perspektive geschrieben, welche oft zum Nachdenken anregt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Geschichtenerzählen und den cleveren Wortspielen. Der Flow der MCs ist oft durch komplexere Reimschemata mit mehrsilbigen Reimen und Binnenreimen gekennzeichnet.

Boom Bap zeichnet sich oft durch ein minimalistisches Sounddesign aus – mit reduzierten Beats und sparsamer Instrumentierung. Dadurch liegt der Schwerpunkt auf Drums und Bass, sowie dem Hauptsample im instrumentalen Bereich und den Texten und Vortrag des MCs. Gerade Boom Bap Beats kommen auch häufig gänzlich ohne MCs und Vocals aus. Hierbei ist auch ein Verweis auf die aktuell an Popularität gewinnenden LoFi Beats sinnvoll. Dieses instrumentale Sub Genre des Hip Hops bedient sich vieler stilistischer Elemente der Boom-Bap-Era. Eine weitere Bezeichnung dieser Stilistik ist der Jazz Hop, der die Nähe zu den Sampling Quellen und harmonischen Inspirationen herstellt.

Generell ist Boom Bap eine kontrastierende und reduzierte Weiterentwicklung des Hip Hops der 1980er Jahre. Der Schwerpunkt liegt dabei auf harten Beats und authentischen Vocals. Das Subgenre entstand in den 1990er Jahren als Reaktion auf den glänzenden, kommerziellen Sound, der zu dieser Zeit den Mainstream beherrschte. Da Hip Hop auf den Straßen entstanden ist, gab es viele Menschen, die sich nicht mit der glatten Ästhetik des 1980s Hip Hop identifizieren konnten. Der Übergang in den Boom Bap wurde durch Gruppen wie N.W.A. oder Run DMC in die Wege geleitet. Sie repräsentierten ihr eigenes Umfeld möglichst authentisch und unverblümt.

Klangbeispiel

Im folgenden Beispiel wurde versucht, die markanten Elemente des Boom Bap der 1990er Jahre einzufangen.

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Mit dem Mehrspurplayer können alle Elemente, die in der nachfolgenden Analyse besprochen werden, einzeln oder in verschiedenen Kombinationen angehört werden.

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Drums

Als Basis dient ein Sample-basiertes Drum Kit, welches mit anschlagsdynamischen Pads in einem Sequenzer-Programm aufgenommen wurde. Der Loop ist 8 Takte lang und wird vier mal mit kleineren Variationen wiederholt, sodass eine 32-taktige AABA-Form entsteht.

Musikalisch besteht der Groove aus einem durchgängigen Achtelpattern auf der HiHat, einer typischen prägnanten Snare auf 2 und 4 und der swingenden Kick, die dafür sorgt, dass die Downbeats betont werden und eine Extraportion Swing im Lowend zu spüren ist.

Ein weiteres Merkmal dieses Grooves bilden, neben Sounddesign und mikrorhythmischer Platzierung, die häufigen Pausen auf der ersten Zählzeit des Taktes. Dies betrifft vor allem die Kick und manchmal auch die HiHat. Dabei entsteht ein kurzer Moment der Suspension, welcher durch die Snare Drum auf der 2 wieder aufgelöst wird.

Neben der markant geswungenen Time der Drums tragen besonders die klangliche Textur der benutzten Drum Samples sowie die erzeugte Tonband- und Vinyl-Ästhetik zum Charakter des Beats bei. Bildlich gesprochen sollen die Drums „dusty“ klingen, wie eine alte, verstaubte Schallplatte, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hat.

Die Kick Drum wurde „boomy“ gemischt (betonter Bassbereich) und enthält keine harten Transienten. Im Gegenteil: Sie ist eher wie ein leerer Karton oder eine große Schachtel gemischt – mit ausreichendem Lowend tiefe Frequenzen), aber ohne Betonung des Beaters (Klöppel) und seiner durchsetzungsfähigen Frequenzen. Dadurch wirkt der Drum-Part insgesamt entspannter und unterstützt somit den gewollten musikalischen Effekt.

Im Kontrast zur runden Kick steht die hoch energetische Snare Drum auf den Zählzeiten 2 und 4. Neben der Möglichkeit die Snare Drum einige Millisekunden später als erwartet zu spielen, wurde auch der gegenteilige Effekt von Produzenten wie Pete Rock oder DJ Premier etabliert. Dabei wurde die Snare auch „hot“ gespielt, also früher als die gleichmäßige Rasterung der Musik vermuten ließe.

Bass

Die Bassline trägt den Beat durch ihre klare Melodie und die stetige Wiederholung des viertaktigen Patterns (frei nach Adam Neely: „Repetition legitimises!“). Rhythmisch orientiert sich die Bassline am Pattern der Kick Drum und definiert das harmonische Fundament auf der 1. und 3. Zählzeit eines jeden Taktes. Als Variation wird im Wechsel die 1 des C7 Taktes um eine 16tel Note vorgezogen.

Die implizierte Harmonik sind eine Dorische der 1. (Gm7) und 4. Stufe (C7), die sich jeweils nach einem Takt abwechseln. Tonal verwendet die Bassline den Quintraum G, A, Bb, C und D.

Eine interessantes Detail ist die Vermischung von E-Bass und Kontrabass. In der Stilistik Boom Bap wurden häufig Kontrabass-Passagen aus alten Jazz- und Soul-Platten gesampelt. Um der Bassline dieses Instrumentals noch etwas mehr tonale Definition zu geben, wurde sie mit einem E-Bass unisono gedoppelt.

E-Gitarre

Im Notenbild sind die beiden Gitarrenspuren einzeln zu sehen. Im Mehrspurplayer wurden die beiden Spuren jedoch zu einem Stem zusammengefasst, da sie eine Sinneseinheit bilden.

Gitarre 1 unterstützt den Backbeat der Snare Drum mit kurz gespielten Akkord-Akzenten und Fills auf den Zählzeiten 2 und 4. Diese schlagzeugartige Backbeat-Funktion nimmt die Gitarre häufig im Soul ein und wurde daher auch regelmäßig in dieser Funktion gesampelt. Dies entstand unteranderem auch durch die Verwendung von Snare-Samples, welche die Gitarre bereits in der Masteraufnahme überlagert beinhalteten.

Gitarre 2 beginnt nach einer anfänglichen Pause im 5. Takt und spielt eine mit der E-Piano Stimme komplementäre Melodie, sowie ein solistisches Blues Lick am Ende des 4 taktigen Bogens. Das 8 taktige Arrangement der Gitarren wiederholt sich in den A-Teilen des Beats. Im reduzierten B-Teil wurde ausgedünnt um einen subtilen Kontrast zu schaffen.

Keys

Die Keyboard-Elemente wurden mit einem Wurlitzer E-Piano aufgenommen und spielen das Motiv deutlich erkennbar im Stil bekannter Riffs wie Cantaloupe Island oder anderen Herbie Hancock Produktionen, die häufig gesampelt wurden.

Generell hat das Vokabular der großen Jazz-Pianisten und Gitarristen häufig ein weiteres Leben als gesampelte Klangcollage in Hip-Hop-Instrumentalen gefunden. Manche Passagen wie zum Beispiel das Intro von Duke Ellington’s Aufnahme von In a Sentimental Mood wurden in verschiedensten Produktionen weiterverwertet.

Samples

Die Sample-Spur fasst mehrere Sounds zusammen. Ihre Notation in der Partitur ist als Annäherung der zu hörenden Elemente zu verstehen. Das obere System deutet die hörbaren Akkorde an, die im Hall versinkend wahrnehmbar sind. Das untere System stellt die rhythmischen Elemente dar, die fast schon wie Störgeräusche anmuten, jedoch in ihrer musikalischen Wirkung nicht zu unterschätzen sind.

Im Genre Hip Hop werden häufig Klangelemente zur Texturierung eines Beats verwendet. Alles ist erlaubt, soweit es den gewünschten Effekt erzeugt. Dabei können auch Schnittartefakte, Detuning, diverse destruktive Bearbeitungen, Down Sampling und andere Techniken verwendet werden. Gerade in der kreativen Freiheit dieser Elemente und Entscheidungen liegt ein großer Teil der offenen Möglichkeiten der Hip Hop Klangästhetik. Der Ausdruck Klangcollage ist dafür sehr treffend.

Ein weiteres Element in der Sample-Gruppe sind die DJ Cuts, auch bekannt als Scratching. Über die Entwicklung der kreativen Nutzung von Vinyl-Schallplatten, Plattenspieler und Crossfader gibt es zahlreiche Informationen und Zeitzeugnisse auf YouZube und Netflix zu finden. Grandmaster Flash gilt dabei als der Pionier dieser Technik.

Downloads

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Musikbeispiele

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Grandmaster Flash & The Furious Five – The Message | Quelle: Youtube

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Queen Latifah – U.N.I.T.Y. (1993) | Quelle: Youtube