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Dissonante Akkorde (vermindert, übermäßig)

Inhalt

Was sind dissonante Akkorde?

Im Gegensatz zu den konsonanten Akkorden bestehen die dissonanten Akkorde in ihrer Grundform aus jeweils zwei gleich großen aufeinandergeschichteten Terzen:

  • Der Akkord, welcher aus zwei kleinen Terzen gebildet wird, wird verminderter Akkord genannt. Über dem Grundton entstehen somit eine Terz und eine verminderte Quinte.
  • Besteht ein Akkord aus zwei großen Terzen, so spricht man von einem übermäßigen Akkord. Über dem Grundton entstehen somit eine große Terz und eine übermäßige Quinte.

Die folgenden Beispiele zeigen dir zwei Akkorde und die verschiedenen Denkwege. Für den verminderten Akkord:

  • kleine Terz (k3) + verminderte Quinte (v5) über dem Grundton
  • kleine Terz (k3) + kleine Terz (k3)
  • kleine Terz (k3) + verminderte Quinte (v5) über dem Grundton
  • kleine Terz (k3) + kleine Terz (k3)

und für den übermäßigen Akkord:

  • große Terz (g3) + übermäßige Quinte (ü5) über dem Grundton
  • große Terz (g3) + große Terz (g3)
  • große Terz (g3) + übermäßige Quinte (ü5) über dem Grundton
  • große Terz (g3) + große Terz (g3)

Beispiele

Verminderte und übermäßige Akkorde im Notenbild:

vermindert

Der verminderte Akkord im Kontext

Den verminderten Akkord kannst du nur mit den weißen Tasten eines Klaviers bilden. In Dur-Moll-tonaler Musik hat der verminderte Akkord aus leitereigenen Tönen seinen Sitz über der 7. Skalenstufe in Dur und über der 2. Skalenstufe in Moll:

Die verminderte Quinte gilt in tonaler Musik als Dissonanz und wird üblicher Weise in eine Terz aufgelöst. Dass wir diese Wendung heute als sehr vertraut wahrnehmen, liegt daran, dass wir die verminderte Quinte als Fragment eines Dominantseptakkords hören, wobei sich die Septime stufenweise abwärts auflöst und der Leitton stufenweise aufwärts:

Häufig begegnet einem der verminderte Akkord nicht in der Grundstellung, sondern in der ersten Umkehrung: Legt man den Terzton des verminderten Dreiklangs in die Bassstimme, erhält man einen verminderten Sextakkord, der aus einer kleinen Terz und einer großen Sexte besteht.

Beispiel 2

Akkord oder Intervallsatz?

Der verminderte Akkord wird heute oftmals als Dominantseptakkord ohne Grundton interpretiert (a). Um aus einem verminderten Akkord einen Dominantseptakkord zu konstruieren, muss man unter dem Grundton eine große Terz abwärts rechnen (oben Beispiel a). So wird aus dem verminderten Akkord e-g-b der Dominantseptakkord c-e-g-b.

In älterer Musik lässt sich häufig eine Stimmführung beobachten, bei der die Quinte des verminderten Akkords (im Beispiel e-g-b) bzw. die Septime eines Dominantseptakkords (im Beispiel c-e-g-b) aufwärts geführt wird (in den Noten oben zu sehen im Beispiel b). Da die Septime eines Dominantseptakkords immer abwärts aufgelöst wird, können wir in dieser Stimmführung ein Anzeichen dafür sehen, dass die Interpretation des verminderten Dreiklangs als Akkord bzw. als Fragment eines Dominantseptakkords für ältere Musik nicht angemessen ist. Wenn du dazu mehr wissen möchtest, kannst du dir das Tutorial zur dreistimmigen Kadenz anschauen.

übermäßig

Der übermäßige Akkord im Kontext

Im Gegensatz zum verminderten Akkord gibt es in Dur-Moll-tonalen Kontexten keine Skalenstufe, auf der ein übermäßiger Akkord mit leitereigenen Tönen gebildet werden kann. Nur wenn man die Chromatik der melodischen Molltonleiter aufwärts zugrunde legt, lässt sich ein übermäßiger Akkord in Moll über dem 3. Skalenton bilden. Die übermäßige Quinte entsteht dabei zwischen dem 3., dem 5. und und dem leittönig erhöhten 7. Skalenton (Beispiel a).

Wird der Klang b-d-fis als Akkord interpretiert, lässt er sich als ein Akkord der V. Stufe einer Tonart (Dominante) mit hochalterierter Quinte deuten (Beispiel b). In diesem Fall ist ist die übermäßige Quinte eine chromatisch verfärbte reine Quinte (Beispiel c). Charakteristisch für den übermäßigen Akkord als alterierte V. Stufe ist der Quintfall des Grundtons zur nachfolgenden I. Stufe (die Auflösung in den Beispielen b) und c) über den Quintfall b und es in den Grundtönen).

Wird der Klang b-d-fis dagegen als ein Vorhalt interpretiert, löst sich nur die alterierte Quinte als Vorhalt auf, ohne dass die anderen Stimmen an der Auflösung beteiligen sein müssen (man sagt auch, das fis sein ein dissonierender Ton (Vorhalt) zum g). Wenn man den Ton fis als einen dissonierenden Vorhalt hört, heißt das im Umkehrschluss auch, dass man keine Verbindung von zwei Akkorde mit einem Grundtonwechsel vom b zum g hört.

Übermäßige Dreiklänge waren schon in Kadenzen des 17. Jahrhunderts sehr beliebt. In der Romantik und im Impressionismus wurden übermäßige Dreiklänge oder Akkorde wegen ihrer speziellen Klangfarbe gerne eingesetzt und auch in der Filmmusik sind sie ein bis heute beliebtes Stilmittel.

Beispiele

Hörbeispiele

Carl Maria v. Weber, Der Freischütz, Szene des Max

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Carl Maria v. Weber, Der Freischütz, aus der Szene des Max, Berliner Philharmoniker, Ltg.: Joseph Keilberg, Tenor: Rudolf Schock, Aufnahmedatum: 1959, Lizenz: CC0 / Public Domain

Franz Liszt, Faust-Sinfonie, I. Faust (Anfang)

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Franz Liszt, Faust-Symphony, Boston Symphony Orchestra, Ltg.: Leonard Bernstein, Quelle: Youtube

Richard Wagner, die Walküre (Vorspiel zum 2. Akt)

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Richard Wagner, Die Walküre (Vorspiel zum 2. Akt), London Symphony Orchestra, Ltg.: Erich Leinsdorf, Erstveröffentlichung/-aufnahme: 1962, Lizenz: CC0 / Public Domain

üben

Übungen

Spiele von den markierten Tönen aus die verminderten und übermäßigen Akkorde nach, die du als Aufgabe hören kannst:

Note Input
Ear Training: Chord
Note Duration: