Pop Arranging mit Schubert – Eine Bastelanleitung
Ein PDF-Anleitung zu diesem Tutorial können Sie sich hier herunterladen. Bei der Notation des Drumsets sind verschiedene Schreibweisen gebräuchlich, im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Legende. Lesen Sie hier mehr über die Notation eines Standard-Schlagzeugs.
Inhalt
Anleitung
In dieser oder variierter Form ist dieses Pattern in vielen, insbesondere melodiösen Popsongs anzutreffen, zum Beispiel:
Verse von Hey Jude (Lennon/McCartney), Quelle: Youtube
Chorus von Die Sonne kann warten (Helene Fischer), Quelle: Youtube
Drums und E-Bass ausarbeiten
Im zweiten Schritt können wir nun für das 16-taktige Schema ein Standard-Drumpattern sowie die Stimme des E-Basses notieren. Für das folgende Beispiel wurde die (wenig gitarrenfreundliche) Tonart C-Dur gewählt. Der Bass spielt dabei die Grundtöne der Harmonien, leicht verziert durch einige harmonieeigene Sprünge sowie Durchgänge. Das Beispiel zeigt die ersten vier Takte des Patterns (T-D-D-T) in der Ausarbeitung für Drums und Bass:
Zu beachten sind Korrespondenzen bzw. die gemeinsamen Akzente von Bassdrum, Snare und dem E-Bass. Eine solche Abstimmung zwischen diesen Instrumenten ist für viele Pop-Stilistiken charakteristisch.
Typisch für Pop- und Schlagermusik sind auch rhythmische Überleitungen zwischen den Achttaktgruppen in Form von Fills. Die folgenden Beispiele zeigen ein kleineres Fill für den achten Takt (beginnend nach der dritten Zählzeit des Taktes) und ein größeres für den sechzehnten Takt (beginnend auf der zweiten Zählzeit des Taktes).
Melodiewendungen aus der Klassik ›borgen‹
In diesem Schritt geht es darum, passende Melodiewendungen zu finden (die an dieser Stelle noch keiner übergreifenden dramaturgischen Idee folgen müssen). Hierzu suchen wir z.B. in einem Lied von Franz Schubert nach den Harmonien unseres Patterns und schauen uns an diesen Stellen die Melodie etwas genauer an:
Franz Schubert, Lied eines Schiffers an die Dioskuren D. 360
Gesang: Dietrich Fischer-Dieskau, Klavier: Gerald Moore, Quelle: YouTube
Legende: grün = Tonika, gelb = Dominante, rot = Subdominante
Schon zu Beginn des Lied eines Schiffers an die Dioskuren finden wir eine T-D-D-T-Harmoniefolge und können uns gleich von dieser Stelle einen Tonhöhenverlauf borgen. Vom achten zum neunten Takt erklingen dann die Folge T-S und im Anschluss daran die Harmonien T, D und T. Die Melodiewendungen der drei zuletzt genannten Harmonien sind zwar bei Schubert im Original durch jeweils einen weiteren Takt getrennt, was jedoch in diesem Fall nicht weiter stört, weil sich durch die Anschlüsse (von den Taktenden zu den Taktanfängen) ein Weglassen dieser Takte geradezu anbietet.
Taktverbindungen mit Melodiewendungen gestalten
Die Hauptarbeit in diesem Schritt besteht darin, die Melodiestruktur der Vorgabe (Drums und Bass) tonartlich und rhythmisch anzupassen:
Dazu wird die bei Schubert zusammenhängende Melodie des Dreiviertel-Taktes anfangs auseinandergezogen und dem Viervierteltakt angepasst. Wichtig ist, dass die originalen Taktübergänge zu den Harmoniewechseln erhalten bleiben. Die zwischen den Phrasen entstehenden Pausen können später durch ein Call&Response mit der Leadgitarre gefüllt werden. Modifiziert wurde im Folgenden der Abschluss des ersten Achttakters: Durch die höhere Oktavlage öffnet diese Phrase nun im achten Takt, während die Schlusswendung von Schubert für die Schlusswirkung am Ende des zweiten Achttakters aufgespart werden kann (periodisch).
Hintergründe gestalten (›Gitarrenwand‹ und ›Streichersoße‹)
Bisher wurden der Groove, der Bass und die Melodie ausgearbeitet. Als nächstes folgen Stimmen, die den Klangraum füllen und damit dem zweistimmigen Gerüst aus Melodie und Bass einen Hintergrund geben. Die folgenden Beispiele zeigen Füllungen des Klangraums durch
1. ein Pattern für die Rhythmusgitarre mit Powerchords
2. ein Schlagpattern für eine im Klangraum höher liegende akustische Gitarre
3. und eine Streicherwand aus Pad-Klängen (ausgehaltene Akkorde).
Call & Response der Lead-Gitarre einfügen
In vorletzten Schritt geht es darum, in der Lead-Gitarre kleine Überleitungen zwischen den Pausen in der Melodie zu schaffen. Diese Call&Response-Technik zwischen Lead-Gesang und Lead-Gitarre ist sehr charakteristisch. Die Vorhaltsbildungen sollen nur das Prinzip verdeutlichen (und sind eigentlich für Menuette charakteristischer als für Popsongs).
Text wählen, rhythmisieren und der Vorlage anpassen
Der originale Text mit den Dioskuren (das sind in der griechischen Mythologie Söhne des Zeus) und dem Nachen (ein kleines Boot) ist natürlich nicht gerade genretypisch. Die Tabelle unten zeigt links den originalen Text und darunter eine Internet-Übersetzung ins Englische. Rechts wurde der Text ein wenig modifiziert, so dass die Wörter (Dioskuren, Nachen) des alten Gedichts ersetzt wurden durch zwei Sonnen, die sich als Augen der Geliebten interpretieren lassen. Und schon liegt es in der Luft, das Master-Thema aller Popsongs und Schlager: die Liebe. In der Tabelle rechts ist der in Richtung Liebe gestylte Text zu sehen und darunter eine englische Internet-Übersetzung.
Originaler Text (und Übersetzung) | Adapierter Text (und Übersetzung) |
---|---|
Dioskuren, Zwillingssterne | Meine Sonnen, Zwillingssterne,
Ihr strahlt mich an, |
Dioscurs, twin stars, | My suns, my twin stars, |
Das abschließende Beispiel zeigt die erste Hälfte des Schubert-Popsongs als Partitur (Chorus). Höre dir mit Hilfe des Mehrspur-Players das Arrangement an und übe dich darin, jede Stimme in dem Satz genau zu erkennen: