Wer das Harmonisieren von Bässen und Melodien zum Arrangieren und Komponieren lernen möchte, dem wird die in Deutschland verbreitete Funktionstheorie nicht viel nützen. Mit ihr lassen sich zwar Akkordverbindungen chiffrieren, aber es gibt nur wenige Regeln, um zu einer gegebenen Melodie die passenden Akkorde zu finden. Was man daher bräuchte, ist eine Theorie, die dabei hilft, einen passenden Akkord aus dem Pool möglicher Akkorde für eine Bass- oder Melodiewendung herauszufiltern.
Eine solche Theorie gibt es! Sie heißt Regola dell' ottava oder einfach nur: Oktavregel. Die Oktavregel war eine praktische Harmonielehre im 17., 18. und sogar noch im 19. Jahrhundert (Bach, Mozart und Verdi dürften sie gekannt und wahrscheinlich auch nach ihr gelernt haben). Mit einer kleinen Modifikation kann uns die Oktavregel auch heute noch klare Anweisungen geben, welche Harmonie zu welchem Bass- oder Melodieton passt. Dass gelingt, weil die Oktavregel sehr stark filtert und bis auf wenige Ausnahmen jedem Ton der Tonleiter genau eine Hauptfunktion (T, S, D) zuweist. Gleichzeitig wird dadurch das Verhältnis der Akkorde zueinander geordnet und auf diese Weise vermag die Oktavregel in der Harmonielehre deutlich mehr zu leisten als andere Theorien.
Durch das Wechseln der Oktave bzw. die Anwendung der Oktavregel in verschiedenen Tonarten entstehen sehr abwechslungsreiche und farbige, jedoch immer in sich stimmige Harmonisierungen. Und falls du die Oktavregel schon kennen und die 6# vermissen solltest, wirst du sehen, dass der Akkord in diesem Lehrgang nur verschoben worden ist. Denn im 18. Jahrhundert wurde über den 6#-Akkord der 6. Tonleiterstufe abwärts die Modulation in die Oberquinte gelehrt. Das war angesichts damaliger Kompositionen sinnvoll, in diesem Lehrgang wirst du das Modulieren auf eine etwas andere Weise kennenlernen.
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