allgemeine Informationen
Die folgende Vorlesung wurden 2019 unter dem Titel Harmony and form in the late 18th century illustrated on compositions of W. A. Mozart für das Shanghai Conservatory in China ausgearbeitet. Auf der Open Music Academy steht die Vorlesung als ein öffentliches Angebot von Prof. Dr. Ulrich Kaiser zur Verfügung.
Zielgruppe: Musikstudierende
Studiengänge: alle Studiengänge Musik
Dozent: Prof. Dr. Ulrich Kaiser
Unterrichtseinheiten: 3 Vorlesungen
Zeitaufwand: jeweils 45 Minuten
Voraussetzungen: keine
Informationen zum Inhalt
Beschreibung
In Gesprächen über die Sonatenhauptsatzform bei Mozart wird häufig der motivisch-thematischen Gestaltungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Selbstverständlich sind Mozarts Kompositionen deshalb so schön, weil sich in ihnen sehr eingängige Melodien finden. Ob diese jedoch auch für ein formales Verständnis seiner Kompositionen geeignet sind, lässt sich zumindest mit guten Gründen bezweifeln. In drei Vorlesungen zur ›Harmonielehre und Form im ausgehenden 18. Jahrhundert‹ soll anhand vieler Notenbeispiele der Versuch unternommen werden, ein Verständnis für Mozarts Kompositionen aus harmonischer Sicht zu entwickeln. Der Versuch führt von Menuetten und der Menuett-Didaktik des 18. Jahrhunderts über Mozarts früheste Kompositionen bis zu seinen später entstandenen Werken wie zum Beispiel den Klaviersonaten. Auf der einen Seite ist es dabei interessant, mit wie wenigen harmonischen Modellen Mozart in der Lage war, bereits mit vier Jahren Menuette und mit acht Jahren Sonaten zu komponieren. Auf der anderen Seite kann für uns heute das Wissen um den Lernweg des jungen Mozarts äußerst wertvoll sein, weil es hilfreich dabei ist, einen undogmatischen Umgang mit der Musik Mozarts im Speziellen und mit Kompositionen des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen zu entwickeln.
Description: When talking about Mozart's sonata form, special attention is often given to the motivic-thematic design. Of course, the reason Mozart's compositions are so nice is that they contain a very catchy melodic design. However, whether this is suitable also for a formal understanding of his compositions, can at least be doubted with good reasons. In three lectures on "Harmony and Form in the outgoing 18th Century", the attempt is started to develop an understanding for Mozart's compositions from the viewpoint of harmonics. With the help of many music examples, we go from minuets and the minuet didactics of the 18th century to Mozart's earliest compositions up to his later works, e.g. his piano sonatas. On the one hand, it is interesting that Mozart was able to compose minuets and sonatas with only a handful of harmony models when he was four and eight years old. On the other hand, the knowledge about Mozart's learning process can be extremely valuable for us today, because it helps to develop a non-dogmatic approach to the music of Mozart in particular and to compositions of the 18th century in general.
Zusammenfassung der Inhalte
- 1. Vorlesung: Hauptsatz und Überleitung
- Mozarts Lernen an Menuetten
- Entwicklung von Perioden anhand der Modelle I-IV-I-V-I, ›L'Aria di Fiorenza‹ und Kadenzen in der Formfunktion Hauptsatz
- Gestaltungen anhand der Modelle IV-I-V-I und Kadenzen in der Formfunktion Überleitung
- Generalisierung: das 4-1 (fa-ut) Modell und verschiedene Überleitungstypen in Werken Mozarts
- 2. Vorlesung: Seitensatz, Schlussgruppe und Reprise
- Perioden und periodenartige Gestaltungen in der Formfunktion Seitensatz
- vergleichbare acht- und viertaktige Einheiten in der Formfunktion Seitensatz
- Gestaltungen des mi-fa-sol-ut-Modell in der Formfunktion Schlussgruppe
- Reprise der Formfunktionen Hauptsatz und Seitensatz sowie die ›Mannheimer Reprise‹
- 3. Vorlesung: Durchführungen
- Abschnitt 1: Mozarts Lernen an Menuetten (Monte und Fonte)
- Abschnitt 2: J. Riepel: das Monte-Modell als Halbschluss
- Abschnitt 3: Das Fonte-Modell (VI-ii-V-I + Hs) und das erweitere fonte-Modell (III-vi-II-V) in der Formfunktion Durchführung
- Abschnitt 4: Die ›Ars combinatoria‹ und ein Modell in den Klaviersonaten Mozarts (V + VI-ii-III-vi + Quintfall + Hs) in der Formfunktion Durchführung
- Abschnitt 5: Lernen am Modell: J. Chr. Bach und J. S. Bach
die Vorträge
Literatur
Weiterführende Literatur zum Thema von Ulrich Kaiser:
- Der Seitensatz - Zur Karriere eines dogmatischen Begriffs, Videofassung des Vortrags am Institute of Art History of Czech Academy of Sciences and Mozart Society of the Czech Republic. International Musicological Congress ›Current issues of Mozart Research‹ (Oktober 2020)
- »Von der Sequenz zur Kadenz. Zur Entstehungsgeschichte der Interpunktion von Sonatenmusik«, in: Gegliederte Zeit. 15. Jahreskongress der Gesellschaft für Musiktheorie Berlin 2015, hrsg. von Marcus Aydintan, Florian Edler, Roger Graybill und Laura Krämer, Olms 2020.
- »Formfunktionen der Sonatenform. Ein Beitrag zur Sonatentheorie auf der Grundlage einer Kritik an William E. Caplins Verständnis von Formfunktionen«, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 15/1 (2018). (Online Version mit Soundbeispielen)
- »Spezifische Formfunktionen mediantischer Harmonik«, in: Musiktheorie und Improvisation, Kongressbericht der IX. Jahrestagung der Gesellschaft für Musiktheorie 2009, Mainz 2015: Schott, S. 512−529.
- »Ein Modell zur Beschreibung von Durchführungen im Werk W. A. Mozarts«, Schriftfassung eines Referats auf dem 12. Kongress der GMTH »Musiktheorie und Komposition« vom 4.–6. Oktober 2012 an der Folkwang Universität der Künste Essen, Karlsfeld [Selbstverlag].
- »Der Begriff der ›Überleitung‹ und die Musik Mozarts. Ein Beitrag zur Theorie der Sonatenhauptsatzform«, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (= ZGMTH) 6/2 (2009), S. 341–383.
- Die Notenbücher der Mozarts als Grundlage der Analyse von W. A. Mozarts Kompositionen 1761–1767, Kassel 2007, 2. korr. Aufl. im Selbstverlag