
Hier findest Du im Sinne der Formanalyse von Pop-/Rocksongs Informationen über das sogenannte SRDC-Schema (ein Modell für die Einteilung von Pop- und Rocksongs) sowie passende Materialien und Aufgabenstellungen für Schüler:innen für eine Unterrichtseinheit.
Initiiert wurde diese Formenlehre für den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen durch das OpenBook Formenlehre von Ulrich Kaiser. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es auf der Open Music Academy für die kollaborative Zusammenarbeit freigegeben. Hilf mit es aktuell zu halten, zu erweitern und zu verbessern!
Das SRDC-Schema
Eine PDF-Datei dieser Unterrichtseinheit können Sie hier herunterladen.
In der Analyse von Pop-/Rockmusik tritt häufig das Problem auf, dass Musik in zu viele kleine Abschnitte untergliedert wird. Oft wird dabei zu wenig darüber nachgedacht, ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre, mehrere kleinere Abschnitte zu einem größeren Formteil zusammenzufassen. Ein hilfreiches Modell zum Vermeiden dieses Problems ist das sogenannte SRDC-Schema:
Aufgaben
- Überprüft beim Hören, wie oft sich Abschnitte über das SRDC-Modell beschreiben lassen. Fangt eure Überprüfung mit Surfin' U.S.A. von The Beach Boys (1963) sowie Born To Make You Happy von Britney Spears (1999) an und nehmt euch anschließend weitere Pop-/Rocksongs vor, die ihr gut kennt.
Surfin' U.S.A. von The Beach Boys (1963)
Surfin' U.S.A. von The Beach Boys (1963), Quelle: YouTube
Born To Make You Happy von Britney Spears (1999), Quelle: YouTube
Satz und SRDC-Schema reloaded: Der Prechorus
In der Praxis erweist sich das SRDC-Schema oft als hilfreich, wenn man die Struktur einzelner Formteile im Bereich der Pop- und Rockmusik verstehen möchte. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang zwei Punkte zu beachten:
- Die Begriffe Satz, SRDC-Sema und Prechorus können in der Praxis konkurrieren.
- Das SRDC-Schema lässt sich als Möglichkeit eines abstrakteren Modells auffassen bzw. zu einem Modell erweitern, das weniger dogmatisch ist als das SRDC-Modell.
Der erste Punkt lässt sich über eine Gegenüberstellung der Modelle veranschaulichen:
Das SRDC-Modell (oberes Beispiel in der Abb.) besteht aus Statement und Restatement, also aus einer Phrase und ihrer (variierten) Wiederholung. Der Departure-Teil ist demgegenüber kontrastierend und enthält nicht selten eine Steigerung. Die Conclusion bildet den Schluss der Einheit und kann eine Wiederkehr der Statement-Phrase oder auch etwas Neues sein. Nicht selten erklingt hier im Text eine Refrainzeile.
Lassen Departure und Conclusion keine deutliche Trennung erkennen, gleicht das Modell dem Satz-Modell (mittleres Beispiel in der Abbildung oben). Auch im Satz gibt es eine Phrase (Statement) und eine Phrasenwiederholung (Restatement), die den Vordersatz bilden, dem ein ungeteilter Nachsatz folgt. Da Beschreibungen mithilfe des Satz-Modells in der Populären Musik derzeit unüblich sind, werden in diesem Bereich für entsprechende Phänomene häufig die Begriffe Verse und Prechorus (unteres Beispiel in der Abbildung oben) verwendet.
Das im Vorangegangenen Gesagte kann dazu führen, dass sich sogar Formanalysen ausgewiesener Musikexperten voneinander unterscheiden, und es lässt sich noch nicht einmal sagen, dass die eine Analyse richtiger wäre als die andere. Die Perspektiven, die den jeweiligen Analysen zugrunde liegen, können beide in sich stimmig sein, nur sind sie an jeweils anderen Momenten der Musik orientiert. Ein Stück, für das es in der Forschung verschiedene Analysen gibt, ist der Song Be My Baby (1963) von The Ronettes:
Quelle: Youtube
Aufgabe
- Höre dir den Song Be My Baby von The Ronettes (1963) an und lies dabei das oben abgebildete Diagramm mit. Benenne anschließend die Formteile des Diagramms und begründe deine Auffassung. Beziehe dich hierbei wenn möglich ausschließlich auf Ereignisse, die du in der Musik hören kannst.
Der zweite eingangs genannte Punkt betrifft ein Problem des SRDC-Schemas selbst, denn der Conclusion-Teil darf nach gängiger Auffassung (bzw. nach der Auffassung von Walter Everett, einem bedeutenden Musikforscher, der das SRDC-Schema in mehreren dicken Büchern über Popmusik erforscht hat) eine neue Schlussphrase oder aber auch eine Wiederholung des Anfangs sein. Mit Buchstaben bezeichnet kann das SRDC-Schema also für die Folgen aabc und aaba verwendet werden, was nicht sehr hilfreich ist. Besser wäre es, gleich von einem viergliedrigen Formmodell auszugehen, das alle Kombinationen an Wiederholungen und Neuem zulässt. Für ein solches Modell gibt es rein mathematisch 15 Möglichkeiten, wenn man von der Buchstabenreihenfolge ausgeht und Wiederholungen zulässt:
- aaaa - Beispiel: »In Trance« von Scorpions (Chorus)
- aaab - Beispiel: »I Want It That Way« von Backstreet Boys (Chorus)
- aaba - Beispiel: »Born To Make You Happy« von Britney Spears (Chorus)
- aabb - Beispiel: »Millionär« von Die Prinzen (Verse)
- aabc - Beispiel: »Surfin' U.S.A.« von The Beach Boys (Verse)
- abaa - ?
- abab - Beispiel: »Zu viel Information« von Annett Louisan (Chorus)
- abac - Beispiel: »I Want It That Way« von Backstreet Boys (Bridge)
- abba - Beispiel: »Dancing Queen« von ABBA (Chorus)
- abbb - Beispiel: »Gänselieschen« von Klaus Renft Combo (Verse)
- abbc - ?
- abca - ?
- abcb - ?
- abcc - ?
- abcd - Beispiel: »Back In Black« von AC/DC (Verse)
Aufgabe
- Erstellt in der Klasse eine Statistik: Jede Schülerin und jeder Schüler untersucht bei einem Song, der einen Verse oder einen Chorus hat, die Struktur dieser Formteile. Lassen sich die Formteile über eines der genannten Buchstabenschemata (aaaa–abcd) angemessen beschreiben? Besprecht eure Ergebnisse und fasst sie in einer Tabelle zusammen.