Geigenstück: Edward Elgar, Andante, aus "Sechs leichte Stücke" op. 22

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Das Stück zum Anhören

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Edward Elgar, Andante, aus "Sechs leichte Stücke" op. 22
CC BY-SA Esther Schöpf, Norbert Groh & Thomas Beckenbauer, 2005

Auswahl & Anspruch des Werkes

Dieses Andante stammt aus einer Reihe von sechs kurzen Stücken, die Edward Elgar als "Very easy melodiuous exercises in the first position", op. 22 bezeichnet hat, was soviel heißt wie: "Sehr leichte melodische Übungsstücke in der 1. Lage". Die Stücke erinnern jedoch kaum an eine Übung, denn sie sind musikalisch sehr differenziert komponiert. Das wunderschöne kleine Andanta eignet sich gut, um das Gestalten auf Deinem Instrument zu lernen.

Dieses Niveau solltest du erreicht haben:

  • Die erste Lage mit all ihren Griffarten ist dir vertraut.
  • Du kannst schon relativ sicher mit deinem Bogen umgehen, das „gerade Streichen“ macht dir keine Probleme mehr und du musst nicht mehr aktiv darüber nachdenken.
  • Mit dem Legato-Bindebogen kannst du gut umgehen – das Stück besteht quasi nur aus Zweierbindebögen.

Edward Elgar, fotografiert 1931 von Herbert Lambert
Quelle: Wikimedia Commons

Der Komponist

Mit Edward Elgar lernen wir nun einen Engländer kennen, der von 1857–1934 gelebt hat. Da er ein sehr guter Geiger war, sind seine Violinkompositionen für dieses Instrument wie zugeschnitten. Für einen guten Komponisten (oder eine gute Komponistin) ist es sehr wichtig, die Charakteristika der Instrumente, für die er schreibt, sehr genau zu kennen. Am besten spielt er das jeweilige Instrument selber, oder er hat einen guten Ratgeber.

Im Zentrum von Elgars Schaffen für Violine steht sein großes Violinkonzert h-moll (op. 61), ein sehr anspruchsvolles Werk. Da muss eine Geigerin oder ein Geiger schon viel können, um es zu bewältigen. Aber es ist ein lohnendes Ziel.

Technik und Ausdruck

Dieses Andante kann zu einem wunderschönen Vortragsstück werden, wenn du es entsprechend gestaltest.
Beachte bitte unbedingt die dynamischen Bezeichnungen!
Das Stück beginnt und endet sehr zart, aber dazwischen gibt es sehr ausdrucksvolle Höhepunkte im forte (*).

Ganz wichtig für die gleichmäßige melodische Linienführung ist eine kontrollierte Bogengeschwindigkeit mit entsprechender Veränderung der Kontaktstelle. Kontaktstelle? – Das ist die Stelle zwischen Steg und Griffbrett an der die Bogenhaare die Saite berühren.

Probier doch mal Folgendes aus

Experiment 1
Streiche zuerst ganz langsam eine leere Saite in der Nähe des Steges, zähle dabei mindestens bis 10, dann mache das Gleiche am Griffbrett. Klingt ganz schön kratzig, oder?

Experiment 2
Streiche mit schnellem Bogenzug den ganzen Bogen über die leere Saite, zuerst am Griffbrett und dann am Steg. Pfeift es am Steg?

Ergebnis
Du wirst sicherlich bemerkt haben, dass das Streichen in der Nähe des Steges gut ist, um langsam den Bogen ziehen zu können. Dagegen ist das schnelle Streichen in der Nähe des Griffbrettes viel leichter.

Für unser Stück heißt das:

Für den Abstrich musst du den Bogen langsam am Steg ziehen, während für den Aufstrich dein Bogen in Richtung Griffbrett wandern sollte.
Warum? Da du wieder an dieselbe Bogenstelle kommen möchtest, aber weniger Zeit dafür hast, muss du den Bogen viel schneller ziehen. Und das geht ja besser am Griffbrett. Außerdem bekommt dein Aufstrich dann keine ungewollte Betonung und das ist wichtig für die melodische Linienführung.

Faustregel zur Bogenführung

Entsprechend der Kontaktstelle solltest du das Gewicht deines Bogenarmes anpassen!

Stegnähe = mehr Armgewicht = langsamer Bogenzug (hier der Abstrich)

Griffbrettnähe = weniger Armgewicht = schneller Bogenzug (hier der Aufstrich)

Ist doch alles ganz logisch, oder?

Edward Elgar, fotografiert 1931 von Herbert Lambert
Quelle: Wikimedia Commons

Noten zum Download

Geigenstimme des Andante als PDF

Partitur der Sechs leichten Stücke mit Geigen- und Klavierstimme als PDF, Edition London: Laudy & Co., 1892 / Public Domain, Quelle: IMSLP