Diese Stunde ist Teil einer Unterrichtssequenz zum Thema Graphische Notation in der Neuen Musik.

5. und 6. Stunde: Gruppenarbeit mit unterschiedlichen Materialien

Ziel: Komponieren und Präsentieren von experimenteller Musik

Dieses Kreisdiagramm zeigt keine 60-Minuten-Stunde, sondern eine ungefähre prozentuale Zeiteinteilung für eine normale Doppel-Unterrichtsstunde mit 90 (oder 2 x 45) Minuten. Da Klassen immer unterschiedlich auf Unterrichtsinhalte und -gegenstände sowie Arbeitsaufträge und Interaktionen reagieren, soll dieses Zeitmanagement zur Orientierung dienen. Kurze Phasen sollen ca. fünf Minuten nicht überdauern, längere Phasen können zwischen 10 und 20 Minuten liegen.

Die fünfte und die sechste Stunde bilden eine Einheit, da hier die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Materialien selbst ein experimentelles Stück komponieren und graphisch notieren sollen. Während in der ersten dieser beiden Stunden mehr das kreative Ausprobieren im Vordergrund steht (Prozessorientierung), wird in der zweiten Stunde besonders die Aufführung des Stückes geprobt (Produktorientierung). Somit wechselt auch die Rolle der Lehrkraft in den beiden Stunden von einer inhaltlichen Ermutigung von Ungewöhnlichem hin zu einer formalen Moderation, die das Zeitmanagement im Blick behält und die Präsentation wie Aufnahme organisiert. Insbesondere das wiederholte Üben der Komposition und das Einhalten der Zeitvorgabe muss die Lehrkraft in der zweiten Stunde einfordern.

Benötigtes Material: Den Schülerinnen und Schülern werden verschiedene Materialien bereitgestellt (Papier, Karton, Steine, Lineale, Plastikbecher, Schlüssel, Kugelschreiber, Stimme), sowie Blanko-Papier (DinA4) mit einer Zeitleiste.

Einteilung der Gruppen: Die Klasse wird in sechs Gruppen geteilt, wobei fünf der Gruppen aus ungefähr vier bis fünf Personen und eine einzelne Gruppe aus zwei Personen bestehen soll. Die Materialien werden im Raum verteilt und die fünf größeren Gruppen sollen sich je ein Materialpaket aussuchen.
Die sechste, kleinere Gruppe bekommt den Arbeitsauftrag, erstens die Kompositionen der anderen fünf Gruppen in eine Reihenfolge zu bringen, die sie ansprechend finden, und zweitens eine graphische Partitur von 60 Sekunden zu erstellen, in der sie die fünf Gruppen irgendwie zusammen »auftreten« lassen. Ob einzeln, versetzt, als Orchester, abwechselnd etc. bleibt ihnen überlassen. Bei der Aufnahme sollen sie zudem die Gruppen zu dirigieren.

Raumaufteilung: Es ist ratsam, die Materialien bereits vor Stundenbeginn im Raum zu verteilen, so dass die Schülerinnen und Schüler geeignete Arbeitsflächen haben. Praktikabel ist (falls nicht verschiedene Räume zur Verfügung stehen) aufgrund klanglicher Differenzen folgende Positionierung im Raum:

Vorschlag für eine Anordnung der Kompositionsgruppen im Raum

Als Einstiegsimpuls für diese Kompositionserfahrung lässt die Lehrkraft ein Papier in der Hand flattern und bittet eine Schülerin dieses Klangereignis an der Tafel graphisch zu notieren. Ohne Kommentar zu diesem Notat zerreißt die Lehrkraft nun das Papier und bittet einen anderen Schüler auch dieses Ereignis graphisch festzuhalten. Wieder ohne Äußerung zu der entstandenen Graphik knüllt die Lehrkraft die Papierfetzen nun zusammen. Eine weitere Schülerin zeichnet eine Möglichkeit für diesen Klang. Geübt, wie die Schülerinnen und Schüler nach den letzten vier Stunden schon sind, wird dies kein Problem darstellen. Nun werden die Lernenden aufgefordert still nachzudenken, welche anderen Geräusche man mit Papier noch erzeugen kann. Nach kurzer Zeit stellt die Lehrkraft nach und nach die restlichen Materialien vor. Dies dient dazu, sich der Materialien bewusst zu werden, etwaige Affinitäten festzustellen und die spätere Arbeit in den jeweiligen Gruppen zu erleichtern. Im Anschluss daran stellt die Lehrkraft das Prozedere des Kompositionsprojekts vor.

Als Handlungsziel wird vereinbart, dass die Klasse in den nächsten beiden Stunden in Gruppenarbeit ein eigenes Stück mit Experimenteller Musik komponieren und am Ende aufnehmen wird. Die Informationen zum Ablauf des komplexen Projektes können gut an der Tafel fixiert werden:

»Es gibt 5 Gruppen á 4–5 Personen und eine Gruppe á 2 Personen.

Zuerst zu den fünf größeren Gruppen: Jede dieser Gruppen wählt nun ein bestimmtes Materialpaket aus. Es gibt Papier und Karton, Steine, Schlüssel und Kugelschreiber, Lineale und Plastikbecher, Stimmgeräusche und gesungene Töne.

Jede der fünf größeren Gruppen komponiert mit ihrem jeweiligen Material genau 30 Sekunden experimentelle Musik.

Nun kommt die sechste Gruppe ins Spiel, denn für die Aufnahme des Stückes werden erstens die fünf 30-Sekunden-Abschnitte in eine Reihenfolge gebracht und zweitens eine Passage von 60 Sekunden gebraucht, in der alle spielen. Diese 60 Sekunden wird die sechste Gruppe komponieren.«

Tafelbild 6 (komplett)

Zudem sehen die Schülerinnen und Schüler den ausformulierten Arbeitsauftrag um die verschiedenen Phasen (Prozess-/Produktorientierung) zu unterstützen:

Experimentieren Sie mit dem Material und versuchen Sie verschiedenste Klänge und Geräusche zu erzeugen. Komponieren Sie damit ein Stück von genau 30 Sekunden und halten Sie dieses auf dem bereitgestellten Papier in graphischer Notation fest, so dass Sie das Stück annähernd wiederholen können. Sie haben dafür 50 Minuten Zeit.

Die sechste, kleinere Gruppe bekommt den Arbeitsauftrag:

Bringen Sie die Kompositionen der anderen fünf Gruppen in eine für Sie ansprechende Reihenfolge. Erstellen Sie zudem eine graphische Partitur von 60 Sekunden, in der Sie die fünf Gruppen irgendwie zusammen »auftreten« lassen. Ob einzeln, versetzt, als Orchester, abwechselnd etc. bleibt Ihnen überlassen. Bei der Aufnahme werden Sie die Gruppen zu dirigieren.

Diese Gruppe wird anfangs von der Lehrkraft unterstützt, sich einen groben Zeitplan zu machen, da sie die Ergebnisse der einzelnen Gruppen noch etwas abwarten müssen, bevor sie sie in eine ansprechende Reihenfolge bringen können.

Es folgen die zwei Phasen der Gruppenarbeit, die – wenn keine Doppelstunde zur Verfügung steht – auch unproblematisch zeitlich getrennt stattfinden können. Durch die graphischen Notate finden die Schülerinnen und Schüler auch eine Woche später wieder schnell in ihre Komposition zurück.
Präsentation und Aufnahme: Am Ende der beiden Stunden steht die Aufführung und Aufnahme des Stückes. Zuerst stellen die einzelnen Gruppen ihre Kompositionen sowie ihre Notate vor. Dann zeigt die Dirigiergruppe den gesamten Ablauf, erläutert – wenn die graphische Partitur nicht selbsterklärend ist – ihre graphische Partitur, und übt kurz mit den fünf Materialgruppen diese Passage, so dass das Stück insgesamt gespielt werden kann. Wenn möglich, dirigiert die sechste Gruppe die Aufführung. Da die Gruppen geübt haben, ihre Kompositionsabschnitt in 30 Sekunden zu spielen, wird das gesamte Werk ca. 3'30'' dauern.
Erstellung des Videos: Wenn kein technisch versierter Schüler in der Klasse ist, übernimmt diesen Part die Lehrkraft, da nicht die Erstellung des Videos, sondern das Ergebnis für die folgende Stunde eine Rolle spielt.
(Anleitung zur Erstellung solcher Videos

Inwieweit solche Kompositionen und eine graphische Notation dazu gelingen kann (oder auch nicht), ist in diesem Video zu beobachten:
(eine 10.Klasse des Ignaz-Günther-Gymnasiums in Rosenheim - das Video wurde 2013 noch mit PowerPoint produziert, da es noch wenig freie Video-Bearbeitungssoftware gab. Deshalb sind auch gegen Ende des Videos Partiturlauf und Audio nicht mehr wirklich synchron.)

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