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Der Neapolitaner als Subdominante in der Kadenz (AML)

Das folgende Beispiel zeigt eine Kadenz aus dem Rezitativ der Oper Jephte von Carissimi:

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Wird diese Kadenz verkürzt, entsteht die folgende Kadenz:

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In der verkürzten Form sieht der B-Dur-Sextakkord in den Noten zwar wie der Dur-Sextakkord der tiefalterierten zweiten Stufe in Moll aus (B-Dur-Sextakkord in a-Moll), aus historischer Perspektive handelt es sich dabei jedoch um einen nicht aufgelösten Vorhalt (6-5) mit chromatisch alterierter Sexte (Pathopoeia). Ist man mit dem Klang von Musik des 16. Jahrhunderts vertraut, hört man den Neapolitanischen Sextakkord (auch verkürzt: Neapolitaner) als Dissonanz bzw. nicht aufgelösten Vorhalt in einer Kadenz. Weil jedoch ein Durakkord aus physikalischer Perspektive keine Dissonanz ist, wird der Neapolitaner auch als Auffassungsdissonanz bezeichnet.

Auf der Grundlage des im Vorangegangenen Gesagten könnte eine Definition des Neapolitaners wie folgt aussehen:

Als Neapolitaner oder Neapolitanischer Sextakkord wird in der Akkordlehre der Sextakkord der tiefalterierten zweite Stufe, aus Sicht der Funktionstheorie eine Mollsubdominante mit tiefalterierter Sexte (anstelle der Quinte) oder aus kontrapunktischer Perspektive ein chromatisch alterierter Vorhalt (Pathopoeia) ohne Auflösung verstanden.

Hilfe zum Bestimmen: Gehen Sie zur Bestimmung eines Neapolitanischen Sextakkords wie folgt vor:

  • Bestimme vom Grundton einer Tonart aus (z.B. a-Moll) die zweite Stufe (z.B. h),
  • erniedrige diese Tonleiterstufe durch ein Vorzeichen (z.B. b),
  • bestimme darüber den Durdreiklang (z.B. B-Dur) und
  • bilde von diesem Durdreiklang die erste Umkehrung bzw. einen Sextakkord (z.B. d-f-b).

Wenn Sie mehr über das Thema wissen möchten, können Sie den ausführlichen Artikel zum Thema Neapolitaner mit vielen Notenbeispielen anschauen.