Johann Sebastian Bach und das Crucifixus aus der h-Moll-Messe

In diesem Tutorial geht es um das Crucifixus aus einer berühmten Messe von Johann Sebastian Bach, also eigentlich um Kirchenmusik. Was sich die Gläubigen da allerdings anhören mussten, war starker Toback.

Inhalt

Johann Sebastian Bach

Johann Sebastian Bach ist vielleicht der berühmteste deutsche Musiker der Barockzeit. Auf vielfache Weise wird er noch heute geehrt: Es gibt Musikschulen, Schulen und Straßen, die nach dem Komponisten benannt worden sind, und es existieren zahlreiche Bachhäuser und -gedenkstätten. Bach ist aber auch ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor: Zum Beispiel wurden für das Leipziger Bachfest 2011 Konzertkarten im Wert von 570.000 € verkauft, es werden tonnenweise Johann-Sebastian-Bach- Bücher, -Aufsätze, -Unterrichtshefte sowie unzählige CDs vertrieben und für knapp 500 € kann man sich sogar einen Bach-Pod kaufen. Wer war dieser Musiker, um den es noch heute einen so großen Rummel gibt? Verfolge das Leben des Komponisten in Zeitraffer.

Bach wurde 1685 in Eisenach geboren und starb 1750 in Leipzig. Er war zweimal verheiratet und zeugte insgesamt 20 Kinder. Vier Söhne Bachs wurden selbst berühmte Musiker: Wilhelm Friedemann Bach (»Hallescher Bach«), Carl Philipp Emanuel Bach (»Hamburgischer Bach«), Johann Christoph Friedrich Bach (»Bückeburger Bach«) und Johann Christian Bach (»Londoner Bach«).

Bach war vermutlich ein Autodidakt, das heißt, er hat sich das Komponieren und Spielen verschiedener Instrumente wahrscheinlich selbst beigebracht. Er komponierte über 1000 Werke. Bach lernte viel durch die Bearbeitung von Werken anderer berühmter Meister, wie zum Beispiel Arcangelo Corelli, Antonio Vivaldi und Giovanni Battista Pergolesi.

Bachs Einfluss auf spätere Generationen ist kaum zu überschätzen. Mit Bachs Werk setzten sich bis in die heutige Zeit wahrscheinlich alle berühmten Komponistenpersönlichkeiten in irgend einer Form auseinander.

Komposition

Das Crucifixus aus der h-Moll-Messe von J. S. Bach

Eine Mess-Komposition für den Gottesdienst in der christlichen Kirche besteht traditionell aus den Sätzen Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei.

  1. Das Kyrie »Herr erbarme dich« ist ein einleitender Huldigungsruf, der auch in anderen Götter- und Kaiserkulten gebräuchlich war.
  2. Auch das Gloria enthält Gottes- und Christus-Anrufungen wie z.B. »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade« und »Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an«.
  3. Im Credo wird das Bekenntnis des Glaubens besungen.
  4. Das Sanctus »Heilig, Heilig, Heilig« ist wiederum eine Anrufung, die Texte aus der Bibel aufgreift.
  5. Das Agnus Dei oder auch Lamm Gottes ist die Begleitmusik zum Abendmahl.

Das folgende Diagramm zeigt die Anordnung und die Besetzung der Sätze des Credos, wie es Johann Sebastian Bach für seine große Messe in h-Moll komponiert hat:

Die zentrale Stellung des Crucifixus innerhalb des Credos kann man dem Diagramm entnehmen. Text und Übersetzung des Crucifixus lauten:

Vertonter lateinischer Text Deutsche Übersetzung
Crucifixus etiam pro nobis Er wurde für uns gekreuzigt
sub Pontio Pilato, unter Pontius Pilatus,
passus et sepultus est. hat gelitten und ist begraben worden.

Bachs Crucifixus ist eine sogenannte Ostinato-Komposition. Für den Fachbegriff Ostinato findet man in den Musik-Lexika von Johann Gottfried Walther und Hugo Riemann die beiden folgenden Einträge:

Sehr häufig haben Komponisten den Lamentobass chromatisiert, um die Musik noch farbiger (und oftmals trauriger) gestalten zu können. Im Crucifixus aus dem Credo der h-Moll-Messe erklingt der Lamentobass in seiner chromatischen Variante, die auch als ›passus duriusculus‹ bezeichnet wird:

Die mittleren beiden Töne des Lamentobasses (d und c) erklingen dabei einmal verfärbt (chromatisch) und einmal unverfärbt (diatonisch). Das Auflösungszeichen, das die Verfärbung der Töne aufhebt, hat Bach immer zur zweiten Zählzeit des Dreihalbetaktes notiert, die dadurch ein wenig mehr Gewicht erhält. Natürlich ist der Lamentobass in Bachs Komposition nicht im Violin-, sondern im Bassschlüssel notiert.

Aufgaben

Aufgaben

Aufgabenblatt zum Ausdrucken

  • Hör dir den Beginn des Crucifixus an und bestimme, welche Instrumente und Chorstimmen du hören kannst. Notiere dein Ergebnis vor die Systeme der Partitur:
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Johann Sebastian Bach, Crucifixus aus der Messe in h-Moll BWV 232
Collegium Vocale Gent, Philippe Herreweghe, Quelle: YouTube

  • Vergleiche die Aufnahme von Philippe Herreweghe aus dem Jahr 2014 mit dem folgenden Aufnahme, auf der Karl Richter mit dem Münchener Bach-Chor und dem Münchener Bach-Orchester zu hören ist. Die erstmalige Aufnahme stammt aus dem Jahr 1962. Welche Unterschiede kannst du benennen?
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Crucifixus von Bach, Johann Sebastian aus der Messe in h-Moll BWV 232
Karl Richter, Münchener Bach-Chor, Münchener Bach-Orchester, 1962, Lizenz: CC0

  • Hör dir den ersten Abschnitt des Crucifixus (zum Text: »Crucifixus etiam pro nobis sub Pontio Pilato«) an, in dem der chromatische Lamentobass fortwährend wiederholt wird. Das Musikbeispiel ist eine Minute und 30 Sekunden lang. Versuche über das Hören zu erkennen, wie oft in diesem Abschnitt der Lamentobass erklingt. Du kannst dir helfen, wenn du den Puls mitschlägst und für jeden Lamentobass-Durchgang (= 12 Pulsschläge) ein Kreuz in das folgende Raster zeichnest:
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Johann Sebastian Bach, Crucifixus aus der Messe in h-Moll BWV 232
Collegium Vocale Gent, Philippe Herreweghe, Quelle: YouTube

Für Profis

  • Übt in der Klasse, den folgenden Kanon zu singen:

Kanon: Ulrich Kaiser

  • Wenn ihr den Kanon singen könnt, lässt er sich einstimmig (noch recht einfach), zweistimmig (schwieriger) und auch dreistimmig (für Profis) zum Anfang des Crucifixus von Johann Sebastian Bach musizieren. Probiert es einmal aus und achtet darauf, wie Bach den Lamentobass, den ihr zum Text: »La-men-to-bass« singt, in den chromatischen Satz eingebettet hat.
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Pattern (Anfangstakte des Crucifixus) mit Kanon (erst einstimmig, dann dreistimmig)

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Pattern (Anfangstakte des Crucifixus)

  • Schau dir die folgenden Lamentobässe in verschiedenen Tonarten (g-Moll, e-Moll und a-Moll) an. Erzeuge aus jedem dieser Lamentobässe einen passus duriusculus durch Anwendung der richtigen Vorzeichen:

Materialien