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Die ›Kreativwirtschaft‹ und das Urheberrecht

Arbeitsblatt zum Ausdrucken

Das Urheberrecht – also das Recht, das jeder Mensch an seinen Schöpfungen besitzt, sobald diese eine gewisse Höhe erreichen – ist nicht übertragbar. Das findet man im Urheberrechtsgesetz (UhrG § 29 Abs. 1). Lediglich nach dem Tod des Urhebers geht das Recht auf die Erben über, das heißt: Das deut­sche Urheberrecht ist vererbbar (UrhG § 28 Abs. 1). Es ist deshalb nicht möglich, Musik, die eine le­ben­de Kün­stlerin oder ein Künstler komponiert hat, als Eigentum zu erwerben. Wenn ihr Musik irgendwo kauft, erwerbt ihr nur ein einfaches Nutzungsrecht, weswegen ihr euch die Musik zwar auf dem Handy anhören, sie jedoch z.B. nicht in einer Tauschbörse weitergeben dürft. Übertragbar sind nur die Ver­wer­tungs­­rechte eines Werkes (UrhG §§ 11–27). Deshalb würdet ihr bei einem Verstoß gegen das Ur­heber­recht auch keinen Brief von der Künstlerin oder dem Künstler bekommen, sondern nur das Schreiben eines Anwalts, der wiederum ein Musiklabel oder die GEMA vertritt, die den Urheber vertreten, weil der wiederum seine Rechte zur Verwertung übertragen hat. Alles klar?

Das Urheberrecht soll eigentlich in dem Interessenkonflikt vermitteln, der zwischen den Rechten von Urhebern sowie dem Interesse der Allgemeinheit an freiem Umgang mit Inhalten besteht. Aus diesem Grund wird der Schutz des geistigen Eigentums auch nur für eine bestimmte Zeit gewährt (zu Lebzeiten und bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers). Diese sogenannte ›Schranke‹ soll ge­währ­leisten, dass geistige Schö­pfungen auf Dauer Teil der gemeinschaftlichen Kultur bleiben.

Die GEMA

Die Abkürzung GEMA steht für die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Die GEMA ist weltweit eine der größten Gesellschaften für Komponistinnen und Komponisten (bzw. für Werke der Musik). Regelmäßig entzünden sich Streitereien zwischen Befürwortern der GEMA (den soge­nann­ten »Kreativen«) und ihren Gegnern (Verbrauchern, Clubbetreibern bzw. Diskobe­sit­zern, etc.).
Eine zum Streiten einladende Besonderheit ist die GEMA-Ver­mu­tung. Ihr zufolge darf vermutet werden, dass die Wiedergabe von in- und ausländischer Tanz- und Unter­haltungsmusik urheberrechtlich geschützt ist und Vergütungen an die GEMA zu zahlen sind. In anderen Lebensbereichen ist das nicht so: Wenn du beispielsweise mit einer Jacke in ein Kleidungsgeschäft gehst und jemand würde behaupten, deine Jacke sei geklaut, müsste dieser Jemand seine Behauptung beweisen. Würde hier so etwas wie die GEMA-Vermutung gelten, müsstest du be­weisen, dass es deine Jacke ist...

Die Kreativwirtschaft setzt sich zusammen aus der Musik- und Theater­wirtschaft, dem Verlagswesen, dem Kunstmarkt, der Filmwirtschaft, der Rundfunk­wirt­schaft, der Architektur und Designwirtschaft, der Werbung und der Software/Game-Industrie. Im Jahr 2018 betrug der Umsatz der Krea­tiv­wirt­schaft in Deutschland (laut dem Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2019 über 100 Milliarden Euro, das ist Platz 2 hinter der deutschen Automobilindustrie! Und in ganz Europa waren 2018 über 12 Millionen Menschen in der Kreativwirtschaft be­schäf­tigt, ihr Umsatz betrug hier sogar über 450 Milliarden Euro. Durch die Corona-Pandemie sind die Umsätze jedoch dramatisch eingebrochen (wie du hier nachlesen kannst.)

Keine Frage, Künstlerinnen und Künstler sollen von ihrer Kreativität leben können und das ist schwer bis unmöglich, wenn man nicht an einer öffentlichen Institution lehrt, von Haus aus unterstützt wird oder einen Labelvertrag und auch ein bisschen Glück hat. Aus welchen Gründen jedoch ist das Urheberrecht überhaupt vererbbar? Um das gute Leben von Künstlerinnen und Künstlern kann es ja wohl nicht mehr gehen, wenn die schon tot sind...

Es gibt derzeit (mindestens) drei große Probleme im Umgang mit dem Urheberrecht:

Take 1: Bestimmt in eurer Klasse, wer die folgen­den Rollen übernehmen soll: berühmter Filmkomponist, Er­be einer berühmten Komponistin, GEMA-Vertreterin und Musiklehrer. Überlegt euch in Gruppen Argumente für die jeweiligen Perspek­tiven auf das Urheberrecht und diskutiert anschließend die folgenden Fragen:
1.) Wie lange sollte die Dauer des Urheberrechts sein?
2.) Sollte das Urheberrecht vererbbar sein?
3.) Sollte das Urheberrecht übertragbar sein?

Take 2: Recherchiere, wie lange die Schutz­frist für Tonträger (Leis­tungsschutz) vor und nach 1995 in Deutschland war.
Take 3: 2013 wurde die Leistungsschutzfrist auf 70 Jahre verlängert. Recherchiere im Internet, warum das gerade 2013 geschehen ist.
Take 4: Recherchiere, wer alles als Ur­heber bei einer Filmpro­duk­tion in Frage kommt.
Take 5: In Amerika gibt es etwas, das als ›Fair Use‹ bezeichnet wird. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?