Tarkus (Emerson, Lake & Palmer) – Eine Formanalyse

Tarkus ist das zweite Studio-Album der Band Emerson, Lake & Palmer (1971), dessen Titelsong Tarkus gut die Hälfte der Spieldauer des Albums einnimmt (ursprünglich die A-Seite der Schallplatte). Der Titel ist geprägt von Gesangsteilen, die von langen Instrumentalteilen unterbrochen werden. Als Soloinstrument ist fast ausschließlich die Hammond-Orgel zu hören.

Inhalt

Zur Benennung der Formteile

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im Folgenden zwischen Formteilen und Formabschnitten differenziert. Als Formteile werden die großen formalen Bausteine (I. Eruption, II. Stones of Years etc.) bezeichnet, die wiederum in Formabschnitte untergliedert sind. Für die Analyse der Großform sind Begriffen wie Verse oder Chorus ungeeignet, weshalb die Formteile mit Großbuchstaben bezeichnet wurden. Für die Gliederung der einzelnen Formteile in Formabschnitte wiederum wurden Kleinbuchstaben für strukturell wichtige Abschnitte, und Zahlen für Zwischenspiele verwendet, um formale Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Formteilen sichtbar zu machen.

In der Tracklist des Albums ist das Stück Tarkus wie folgt gegliedert:
I. Eruption
II. Stones of Years
III. Iconoclast
IV. Mass
V. Manticore
VI. The Battlefield
VII. Aquatarkus
Die Teile mit den ungeraden Nummern sind alle instrumental, während die Teile mit geraden Nummern Gesang beinhalten.

A
B
A
C
A
D
A
A

I. Eruption

B

II. Stones of Years

A

III. Iconoclast

C

IV. Mass

A

V. Manticore

D

VI. The Battlefield

A

VII. Aquatarkus

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Die Instrumentalteile

Formal und teilweise auch motivisch weichen die instrumentalen Formabschnitte voneinander ab. Die Länge der Formabschnitte "a" und der verschiedenen Zwischenspiele variiert und bis auf eine Ausnahme wiederholt sich keines der Zwischenspiele und im formalen Aufbau ergibt sich kein erkennbares Muster. Allerdings haben die Instrumentalteile untereinander auch einiges gemeinsam: das charakteristische Pattern im Fünfertakt, das immer wieder auftaucht (Formabschnitt "a"), dient als Unterbau für ausgedehnte Hammond-Orgel-Soli, welche durch rhythmisch komplexe Zwischenspiele aufgebrochen werden, die häufig sowohl zur harmonischen Modulation als auch zu einer raffinierten Transformation von Tempo und Metrum dienen. Der Wechsel zwischen Formabschnitten "a" und Zwischenspielen ist als formales Prinzip erkennbar, wenngleich die genaue Abfolge der Formabschnitte ständig variiert.

I. Eruption

Formabschnitt "a" wechselt sich in für die Instrumentalteile typischer Weise mit Zwischenspielen ab. Formabschnitt "b" könnte auch als Bridge bezeichnet werden.

Intro
a
1
a
b
a
2
a
3
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III. Iconoclast

a
4
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V. Manticore

Dieser Formteil weicht motivisch von den anderen Instrumentalteilen ab. Anstelle des Patterns aus „a“ tritt ein neues Pattern im 9er-Takt (Formabschnitt "c"). Dieser Formabschnitt weißt allerdings einige Ähnlichkeiten zu "a" auf: es liegt ein ostinates Pattern vor, über das frei improvisiert wird. Auch die Schlagzeugbegleitung in Teil "c" ist ähnlich zur Schlagzeugbegleitung aus dem "a"-Teil von "III. Iconoclast". Typisch für alle Instrumentalteile in "Tarkus" ist auch das kurze Zwischenspiel. Aufgrund dieser Ähnlichkeiten zu den übrigen instrumentalen Formteilen wurde in der Analyse deshalb "V. Manticore" ebenso wie die anderen Instrumentalteile Formteil "A" genannt.

c
5
c
c
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VII. Aquatarkus

Dies ist der einzige Formteil, in dem sich eine formale Struktur aus einem vorhergehenden Formteil wiederholt, nämlich b - a - 2. Diese Abfolge stammt aus dem Teil "I. Eruption". Auffällig ist, dass es sich nicht nur um eine strukturelle Wiederholung, sondern agbesehen vom Schluss sogar um ein wörtliches Zitat handelt. Dies erscheint besonders bemerkenswert, da das ganze Stück, insbesondere aber die Formabschnitte "a" durch Improvisation geprägt sind.

b
a
2
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Fazit: Die Großform

Die gesungenen Nummern II, IV und VI werden durch die Instrumentalteile deutlich voneinander abgetrennt. Man könnte auch sagen, die Instrumentalteile dienen als Zwischenspiele, Vor- und Nachspiel. Diese strukturgebende Funktion, gemeinsam mit den motivischen Parallelen, die die Instrumentalteile untereinander aufweisen, rechtfertigen die Verwendung des Buchsatbens A für sie alle, sodass sich im Ganzen als Form A - B - A - C - A - D - A ergibt. Demnach kann das Stück "Tarkus" als Rondo beschrieben werden.