Die Kunst des Sprechens: Texte vortragen oder einsprechen

Eine Geschichte vorlesen, Erklärungen für ein Videotutorial einsprechen oder eine Rede halten: Einen schriftlichen Text so vorzutragen, dass er interessant, nuanciert und doch wie frei gesprochen klingt – das ist nicht leicht. Hier findest du Tipps für das Sprechen von Texten. Schluss mit einschläfernden Vorlesestimmen!

Die Videos zeigen Beispiele aus einer Fortbildung mit der Schauspielerin und Sprecherzieherin Franziska Ball, die im Sommer 2022 an der Hochschule für Musik und Theater München stattgefunden hat.

Inhalt

Sich vorstellen und Titel/Thema nennen

Bei einigen Formaten sagst Du zu Beginn, wer du bist und was jetzt kommt.

  • Achte darauf, dass du deinen eigenen Namen nicht herunterleierst oder in dich hinein murmelst, sondern deutlich sprichst!
  • Den Titel oder das Thema eines Beitrags solltest du selbstbewusst und überzeugt nennen, um die Aufmerksamkeit der Zuhörenden zu gewinnen.
  • Wenn du z.B. eine Geschichte liest und dich dafür in die Rolle eines Erzählers / einer Erzählerin begibst, dann sprich zunächst die Einführung (wer/wie/was) frei und in deiner üblichen Stimme. Setzte dann eine Zäsur, um den Rollenwechsel zu markieren.
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Tempo, Bögen, Pausen und Zäsuren

  • Werde im Tempo nicht zu schnell, damit Zuhörende gut folgen können. Ein langsames Tempo lässt Raum für Bilder, die im Kopf entstehen.
  • Atme zwischen den Sätzen (dafür sind Satzzeichen da).
  • Kommas markieren nicht das Ende eines Satzes. Daher solltest du bei einem Komma, anders als beim Punkt, nicht abfrasieren (also nicht tiefer werden), sondern mit der Stimme in der Schwebe bleiben.
  • Pausen in langen Sätzen sind hilfreich für das Hörverständnis. Außerdem kann eine Zäsur ein gutes Mittel zur Betonung sein. Setze eine Zäsur z.B. vor oder nach einer wichtigen Information bzw. vor oder nach einer Aussage, die eine gewisse Wirkung auf die Zuhörenden entfalten soll; vor oder nach einer Pointe bzw. etwas Überraschendem.
  • Allerdings solltest du nicht zu viele oder zu lange Pausen machen. Wird ein Satz in zu viele Häppchen unterteilt, so kann das den Fluss stören. Spanne einen Bogen über den Satz und halte dabei die Stimme.
Tempo
Atmung
Kommas
Pausen/Zäsuren
Bogen
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Sprechfortbildung mit Franziska Ball (HMTM 2022). Video 2: Tempo, Bögen, Pausen, Zäsuren.
CC BY Open Music Academy, 2023

Betonungen

Beim Vorlesen eines Textes sorgen Betonungen für eine klare Struktur, sodass Zuhörende gut folgen können. Natürlich sind Betonungen auch wichtig für ein lebendiges Sprechen, da sie Monotonie vorbeugen. Durch eine Änderung deiner Stimmlage kannst du ganze Sätze oder Satzteile absetzen oder herausheben. Elemente im Text oder im Satz, die sich zu betonen lohnen, können unter anderem folgende sein:

  • die wichtigste Information im Satz
  • Wendungen oder neue Informationen
  • Fragen
  • Einschübe und Kommentare
  • Steigerungen
  • Adjektive
Das Wichtigste betonen
Neue Information
Fragen
Einschub
Steigerung
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Sprechfortbildung mit Franziska Ball (HMTM 2022). Video 3: Betonungen.
CC BY Open Music Academy, 2023

Gestaltung

Hier ein paar Tipps, wie du einen Text anschaulich, lebendig und emotional vortragen kannst:

  • Deine Körpersprache sowie Gestik und Mimik übertragen sich auf die Stimme. Man hört dir zum Beispiel an, wenn du lächelst; du wirkst dann einfach freundlicher. Eine offene, entspannte Körperhaltung kann dein Sprechen ebenso beeinflussen wie eine geballte Faust. Nimm daher gerne die Hände mit, wenn du etwas einsprichst – auch wenn das in einem Audiobeitrag keiner sieht.
  • Stell dir das Gelesene vor, etwa beim Erzählen einer Szene, aber auch bei bildlicher Sprache.
  • Versetze dich in Emotionen hinein, um sie überzeugend zu vermitteln.
  • Färbe wörtliche Rede mit deiner Stimme ein. Änderungen in der Stimme können dabei helfen, den Zuhörenden klar zu vermitteln, dass wechselnde Figuren sprechen. Auch werden die Charaktere so lebendiger.
  • Bringe Wertungen (positive wie negative) deutlich herüber.
Gestik & Körpersprache
Bildliche Vorstellung
Emotion
Wörtliche Rede
Wertung
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Sprechfortbildung mit Franziska Ball (HMTM 2022). Video 4: Gestaltung.
CC BY Open Music Academy, 2023

Aussprache

  • Zum klaren Artikulieren gehört, dass die Endungen von Wörtern nicht verschluckt werden. Das passiert besonders häufig bei der Endung -en, oft bei Verben (zum Beispiel „gehen“ statt „geh’n“), aber auch „Brunnen“ usw. Denk auch an das t in „ist“. Gehe bewusst in Wörter, die mit Vokalen beginnen.
  • Bei manchen Buchstaben ist es hilfreich, sich besonders auf sie zu konzentrieren, zum Beispiel auf das S oder auf Vokale am Wortanfang.
  • Aufwärmübungen vor dem Sprechen können dir bei der deutlichen Aussprache helfen.

Die „Urstimme“

Neigt deine Stimme dazu, beim Sprechen zu hoch zu werden oder zu kippen? Versuche, eine entspannte Stimmlage beizubehalten. Stell dir vor, du hörst am Telefon einem längeren Wortschwall zu und reagierst immer mal wieder mit einem „mhm“ oder „aha“. Sehr wahrscheinlich benutzt du dafür deine ganz natürliche Stimme.

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Sprechfortbildung mit Franziska Ball (HMTM 2022). Video 5: Die "Urstimme".
CC BY Open Music Academy, 2023