L’Aria di Fiorenza
Warren Kirkendale hat ein Generalbassmodell, das von italienischen Komponisten des 17. Jahrhunderts gerne für Basso-ostinato-Kompositionen verwendet worden ist, als »L’Aria di Fiorenza« bzw. »Il Ballo del Gran Duca« bezeichnet. Dieses Modell war im 18. Jahrhundert insbesondere zum Gestalten von musikalischen Anfängen oder Schlüssen sehr beliebt. Verstehen lässt es sich als Zusammensetzung aus zwei Kadenzen, die durch einen Trugschluss verbunden werden. Diese Deutung erklärt auch den Sekundakkord beim zweiten Basston:
W. A. Mozart hat dieses Modell wahrscheinlich 1760 im Nannerl-Notenbuch über ein Trio (des Menuetts Nr. 17, original in B-Dur) gelernt:
Er verwendete das »L’Aria di Fiorenza«-Modell sehr gerne in seinen frühen Klavier-Violin-Sonaten, z.B. zum Beginn des zweiten Satzes aus KV 7 oder des ersten Satzes aus KV 9, und auch wenig später zum Beginn seiner vermutlich 1766 entstandenen Sopranarie KV 79 »Per quel Paterno amplesso«:
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Der auf den ersten Blick ungewöhnliche Umfang der Taktgruppe erklärt sich aus dem einfachen Umstand, dass Mozart für diese Arie einen ganztaktigen harmonischen Rhythmus gewählt hat. Denn die Anzahl von elf Harmonien bewirkt bei ganztaktigem harmonischen Rhythmus zwangsläufig die außergewöhnliche Phrasenlänge von elf Takten. Reizvoll ist in diesem Beispiel der Septakkord am dritten Basston des Modells, der durch den Liegeton f in den Oboen bewirkt wird sowie den doppeldominantischen C-Dur-Terzquartakkord als Trugschluss (mit offenen Quintparallelen zwischen Bass- und Vorhaltston der Melodie).
Auch bei Mozarts Zeitgenossen war das Modell beliebt, es kennzeichnet z.B. den Beginn des Kopfsatzes der Sonata V aus dem Livre Premier (T. 1–3) von Leontzi Honauer:
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