Manchmal gehen wir davon aus, man müsse, sofern man nicht absolut hört, sich von einem gegebenen Ton zum nächsten bewegen. Da hier kein Anfangston gegeben ist, würde die Aufgabe dadurch für uns unlösbar.
Dabei besteht eine reizvolle, weit musikalischere Möglichkeit: das "Rückwärtshören".
Das kurze Beispiel kadenziert am Ende. Der Schritt "V-I" ist ziemlich deutlich wahrnehmbar. Da die Tonart gegeben ist ("C-Dur") besteht Grund zur Annahme, dass hier nach C-Dur kadenziert wird. Dies überprüfe ich vorsichtshalber noch einmal mit dem Sinn für absolute Tonhöhen.
Dadurch ergibt sich als letzter Ton im Bass C, als vorletzter G:
Die Töne vor dem tiefen G liegen alle auf einer chromatischen Tonleiter:
Nun kann ich mir den Anfangston erschließen. "Rückwärtshören" bedeutet aber mehr: Ich kann mir wirklich die Tonhöhen in umgekehrter Reihenfolge noch einmal klingend vorstellen:
So komme ich zum gewünschten Ergebnis:
Was hier als "Hörstrategie" beschrieben wird, ist in Wirklichkeit mehr: eine Notwendigkeit für das Musikverständnis. Wenn wir musikalische Sinnzusammenhänge verstehen wollen, ist es notwendig, dass wir uns unabhängig machen von der linearen Hörweise, Ton für Ton. Nicht anders verfahren wir ja auch beim Versuch, gesprochene Sprache zu verstehen. Auch hier muss uns der Anfang des gesprochenen Satzes noch im Geist präsent sein, wenn wir den Satz, nachdem er zu Ende gesprochen ist, verstehen wollen. Eine Hörweise "Silbe für Silbe" würde dazu führen, dass wir zwar alles gehört, aber nichts verstanden hätten.