Unglaubliche Chance
Unser Musical "Tulpenstraße 32" war eine unglaubliche Chance für uns und alle Beteiligten, sich an der Schule einzubringen, sich außerhalb der 45 Minutengrenze einer Unterrichtsstunde auszuleben. Eine Chance Freundschaften zu knüpfen und Interessen zu entdecken, die sich auch nach unserem Abitur auf unsere Lebensentscheidungen auswirken. Wir alle haben durch das Musicalprojekt so unendlich viel gelernt; Dinge, die man sonst kaum an Schulen lernt, aber im "echten Leben" immer mehr braucht: Projektarbeit, Teamkoordination, selbstständiges Arbeiten, Zeitplanung, Marketing... Durch flache Hierachien konnten alle Verantwortung übernehmen, und letztendlich ist im Endprodukt ein Teil von allen von uns verewigt.
Auch für die Schule war das Projekt eine Bereicherung. Kids, die bei den Musicalaufführungen das erste Mal Kabel getragen haben, sind jetzt fester Bestandteil der Technik-AK. Und so wie wir, von dem Musical vor uns inspiriert waren, hoffen wir, dass auch die Generation nach uns wieder ein Musical auf die Beine stellt, um so eine (hoffentlich) langanhaltende Schultradition ins Leben zu rufen.
Hier ein Einblick in unseren Prozess:
"Was ist Tulpenstraße 32?" – "So ein geiles Produkt!"
Der letzte Kampfschrei vor der Premiere hallt durch die Umkleiden der alten Turnhalle. Jetzt heißt es alles zeigen, was wir in den letzten eineinhalb Jahren auf die Beine gestellt haben. Wir sind mikrofoniert, kostümiert, geschminkt, aufgeregt, vor allem aber voller Vorfreude.
EINEINHALB JAHRE ZUVOR
Wie jedes Jahr am ersten Freitag des Schuljahres haben sich alle Musikinteressierten der Schule in der Turnhalle versammelt. Die Stundenverteilung der Musikfachschaft wird besprochen, es wird ausgehandelt, welche Ensembles sich dieses Jahr bilden, welche Lehrkraft die jeweilige Ensembleleitung übernimmt und wann geprobt werden kann. Stunden sind knapp und alle quillen über vor Tatendrang, vor Spielfreude und vor Ideen für neue Projekte. Mit dabei auch wir: Die Musical-Truppe. Vom Erfolg des letzten Schulmusicals inspiriert, liegen wir unserem Lehrer, Herrn Mayrhofer, bereits seit Monaten in den Ohren, dass wir auch ein Musical inszenieren wollen. Und entscheiden: Wir wollen alles selber machen. Story, Songs, Bühnenbild, Texte, Kostüme. Herr Mayrhofer glaubt an unseren Größenwahn und schwupps, ist das Profilfach Musical geboren. Bei den ersten Treffen herrscht noch viel Chaos, doch nach ein paar Wochen haben wir uns auf ein Genre festgelegt: Krimi. Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit: Wochenlang konzipieren wir die Story. Ein Zeitstrahl entsteht: Bis ins kleinste Detail durchdacht, hinterfragt und durchdiskutiert und langsam nimmt die Geschichte Form an. Um die Zusammenarbeit zu erleichtern, arbeiten wir uns in GitHub ein. Dann wird fleißig geschrieben, neu überlegt, umgeschrieben, diskutiert und nochmal umgeschrieben. Herr Mayrhofer stellt sich hier häufig in den Hintergrund, gibt uns die Chance selbst zu organisieren, selbst Ideen einzubringen und so ein Projekt auf die Beine zu stellen, dass zu 100% "Unseres" ist.
Bald bilden sich Teams: Script, Komposition, Songtexte, Bühnenbild, Technik. Jede*r fügt sich in eine oder auch viele Gruppen ein, so kann man persönliche Talente perfekt einbringen, sich in genau den Bereichen ausleben, für die man brennt. Bis zum Ende sind wir deswegen unglaublich motiviert und arbeitsfreudig.
Kurz vor Pfingsten kriegen wir durch Neuzugänge im Team, die Idee, das Bühnenbild mit Projektionen zu ergänzen und bauen deswegen an einem Samstag unsere eigene Drehbühne, samt Fenstern und Türen und einem selbstgebauten Seilzug.
Teils wird bis 20:30 gedacht und geschrieben und die Zuckerwürfel der Fachschaftsküche aufgegessen, doch wir lassen nicht locker. Nach einem langen Arbeitswochenende stehen auch die Songs halbwegs final und auf einmal ist es auch schon Oktober – Proben müssen wir ja auch noch! Immerhin haben wir jetzt endlich unsere Kostüme fertig, eine eigene Website und ein weiteres Requisit: eine Fusion aus Küche und Couch. Zu der Zeit kommt es auch zur endgültigen Fusionierung von Work und Life: Um die Werbung endlich fertig zu bekommen, machen wir ab jetzt regelmäßig abendliche Zoom-Meetings, essend, badend, im Bett – es geht immer ums Musical. So kurz vor der Aufführung bleibt kaum Zeit zurückzuschauen, was wir schon alles geschafft haben, aber irgendwie wird uns hier klar:
Aus unserer kleinen Idee wurde etwas richtig Großes, das es jetzt zu Ende zubringen heißt.
Und so schnell kanns gehen: Schon sind wir im November und die Premiere ist nur noch zwei Wochen entfernt. Da wir natürlich auch eine geile technische Darbietung hinlegen wollen, leihen wir uns eine komplette LKW-Ladung an Technik vom Kulturreferat aus. Der Aufbau selbst läuft überraschend gut, sodass wir bereits abends anfangen können, die Lichtshow zu programmieren. Aber man muss bei einem Musical ja nicht nur etwas sehen, sondern vor allem auch hören. Hier kriegen wir spontan Unterstützung von einem Ex-Schüler und -Techniker.
Geprobt wird in diesen zwei Wochen viel und lange. Eine technisches Problem führt dazu, dass die Lichtshow zwei Tage vor Aufführung noch einmal programmiert werden muss und alle halten den Atem an. Doch kurz vor knapp haben wir doch noch Licht und dann wird es ernst. Die Halle muss aufgeräumt und bestuhlt, der Essensverkauf muss organisiert und die Dutzend leeren Speziflaschen der letzten Tage müssen versteckt werden. Ein letzter Soundcheck, jeder nochmal in die Maske, noch schnell nachschauen, ob alle Requisiten da liegen, wo sie sein sollen und ab in die Umkleide zum letzten Kampfschrei vor der Premiere:
"Was ist Tulpenstraße 32?" – "So ein geiles Produkt!"